Zuletzt aktualisiert am 22. August 2022
Wann und wegen was kann ein Strafverfahren eingestellt werden?
Ein gelber Brief vom Gericht bedeutet meist nichts Gutes. Manchmal kann einem dadurch aber auch ein Stein vom Herzen fallen. Vor allem dann, wenn darin ein Beschluss über die Einstellung des Verfahrens mitgeteilt wird.. Einstellungsmöglichkeiten sind im Ermittlungsverfahren, im Hauptverfahren und auch im Berufungsverfahren möglich.
Bei geringer Beweislast kann ein guter Strafverteidiger die Verfahrenseinstellung bereits vor der Anklage erreichen, wenn der Beschuldigte sich möglichst früh beim Anwalt meldet. In unserem Rechtstipp möchten wir Ihnen aufzeigen, wann und wegen welcher Gründe ein Strafverfahren eingestellt werden kann.
Hier finden Sie Antworten auf folgende Fragen:
- Wann kann ein Strafverfahren eingestellt werden?
- Was bedeutet die Einstellung eines Verfahrens?
- Welche Möglichkeiten der Verfahrenseinstellung gibt es?
- Wie erreiche ich eine Einstellung des Verfahrens?
Sie benötigen eine starke Strafverteidigung für die Einstellung Ihres Strafverfahrens?
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Zu welchem Zeitpunkt ist eine Einstellung des Strafverfahrens möglich?
Grundsätzlich kann ein Strafverfahren zu jeder Zeit eingestellt werden. Also bereits bei der Ermittlung und ebenso während einer Hauptverhandlung. Am häufigsten erreicht man eine Einstellung des Verfahrens während oder nach Abschluss des Ermittlungsverfahrens. Verfügt die Staatsanwaltschaft beispielsweise über eine geringe Beweislast, ist der Tatvorwurf geringfügig oder stehen anderweitig schwerere Tatvorwürfe im Raum, kann ein Strafverfahren eingestellt werden. Näheres zu den einzelnen Einstellungsmöglichkeiten später.
Schweigen und Anwalt einschalten!
Als erfahrene Anwälte für Strafrecht wissen wir, wann es sinnvoll ist, auf die Einstellung des Strafverfahrens hinzuwirken. Das beste Vorgehen für Beschuldigte:
- Nutzen Sie ihr Aussageverweigerungsrecht und
- kontaktieren Sie möglichst früh einen erfahrenen Anwalt für Strafrecht.
Entscheiden Sie sich für eine Strafverteidigung durch unsere Kanzlei, werden wir in einer kostenlosen Ersteinschätzung alle Details mit Ihnen besprechen. Anschließend übernehmen wir die Kommunikation mit den Ermittlungsbehörden und beantragen Akteneinsicht. Nach Prüfung der Aktenlage können wir Ihnen auch sofort mitteilen, ob eine Einstellung des Verfahrens infrage kommt und wie wir dieses Ziel für Sie erreichen.
Was bedeutet es, wenn ein Verfahren eingestellt wird?
Wenn ein Strafverfahren eingestellt ist, bedeutet das in erster Linie, dass zunächst keine strafrechtliche Verurteilung, also auch keine Strafe (Geldstrafe oder Freiheitsstrafe) droht. Es findet auch keine Eintragung im Führungszeugnis statt. Doch auch gegen Auflagen oder Weisungen (z. B. Geldauflage) kann ein Verfahren eingestellt werden, wenn die Schuld geringfügig ist.
Je nach Grund der Einstellung kann jedoch das Verfahren vonseiten der Staatsanwaltschaft wieder aufgenommen werden. Dazu mehr in den einzelnen Einstellungsarten, die wir im Folgenden thematisieren.
Welche Möglichkeiten einer Einstellung des Verfahrens gibt es?
Die Möglichkeiten einer Verfahrenseinstellung sind grundlegend in der Strafprozessordnung (StPO) geregelt. Daneben gibt es etwa im Jugendgerichtsgesetz oder auch im Betäubungsmittelgesetz noch weitere Paragrafen, die sich damit beschäftigen. Wir wollen die häufigsten Einstellungsmöglichkeiten etwas näher betrachten:
- Geringfügigkeit nach § 153 StPO
- Gegen Auflagen nach § 153a StPO
- Einstellung bei Mehrfachtätern nach § 154 StPO
- Zur Beschränkung der Strafverfolgung nach § 154a StPO
- Mangels hinreichenden Tatverdachts nach § 170 Abs. 2 StPO
- Geringe Menge bei Drogen nach § 31a BtMG
- Erzieherische Maßnahme vor Strafe nach § 45 JGG oder § 47 JGG
Einstellung des Verfahrens nach § 153 StPO – Geringfügigkeit
Besteht kein öffentliches Interesse und ist die Schuld des Täters als gering anzusehen, kann ein Verfahren wegen sogenannter Geringfügigkeit nach § 153 StPO eingestellt werden. Hintergrund für die Einstellung aus Geringfügigkeit ist die chronische Überlastung der Justiz in Deutschland. Dadurch will man verhindern, dass die Kapazitäten der Gerichte aufgrund sogenannter Bagatellkriminalität überlastet werden.
Voraussetzungen für eine Einstellung nach § 153 StPO
- Die Schuld des Täters ist gering anzusehen,
- es besteht kein öffentliches Interesse an der Verfolgung der Tat und
- es handelt sich um ein Vergehen.
Gut zu wissen: Vergehen sind rechtswidrige Taten, die im Mindestmaß mit einer geringeren Freiheitsstrafe (bis zu einem Jahr) oder mit Geldstrafe bedroht sind. Alles, was darüber hinausgeht, nennt man im Strafrecht Verbrechen.
Mit diesem Paragrafen kann also eine Einstellung des Verfahrens erreicht werden, obwohl eine Schuld nachgewiesen werden könnte. Dennoch gilt mit der Einstellung nach § 153 StPO die Unschuldsvermutung und es wird keine Aussage über die tatsächliche Schuld getroffen.
Wiederaufnahme nach Einstellung wegen Geringfügigkeit
Ob ein eingestelltes Verfahren nach § 153 StPO wieder aufgenommen werden kann, hängt regelmäßig davon ab, wer das Strafverfahren eingestellt hat. Hat die Staatsanwaltschaft ohne Zustimmung des Gerichts ein Verfahren wegen Geringfügigkeit eingestellt, kann das Verfahren sogar ohne neue Beweismittel fortgesetzt werden. Häufig werden Bagatellen vom Gericht gegen Auflagen oder Weisungen (siehe § 153a StPO) eingestellt. Solange der Beschuldigte die Auflagen vom Gericht befolgt, kann das Strafverfahren nicht neu aufgenommen werden.
Praktisches Beispiel für eine Einstellung wegen Geringfügigkeit
Typisches Beispiel für die Einstellung nach § 153 StPO sind Ladendiebstähle geringwertiger Sachen. Jemand wird zum Beispiel beschuldigt, am Markt einen Apfel gestohlen zu haben. Solange es sich nicht um einen notorischen Wiederholungstäter handelt, kann hierbei das Verfahren eingestellt werden.
Einstellung des Verfahrens nach § 153a StPO – gegen Auflagen
Die Voraussetzungen und Hintergründe sind bei § 153 und § 153a StPO identisch. Der Unterschied liegt darin, dass von der Strafverfolgung abgesehen wird, wenn Auflagen oder Weisungen eingehalten werden.
Diese Weisungen und Auflagen können dabei auferlegt werden:
- Wiedergutmachung der Tat durch eine bestimmte Leistung.
- Einstellung gegen Zahlung eines Geldbetrags an eine gemeinnützige Einrichtung oder die Staatskasse.
- Gemeinnützige Leistungen wie Sozialstunden.
- Dem Nachkommen der Unterhaltspflicht in einer bestimmten Höhe.
- Täter-Opfer-Ausgleich.
- Teilnahme an einem sozialen Trainingskurs.
- Aufbauseminar oder Fahreignungsseminar bei Verkehrsdelikten.
Kommt der Beschuldigte den Weisungen und Auflagen innerhalb der gesetzten Frist nach, wird das Strafverfahren eingestellt und kann auch nicht wieder aufgenommen werden.
Einstellung des Verfahrens nach § 154 StPO – bei Mehrfachtätern
Bei einer Einstellung nach § 154 StPO bleibt zwar eine Bestrafung für die vorgeworfene Tat aus, jedoch nur aus dem Grund, weil ein anderes Strafverfahren anhängig ist oder bereits verhandelt wurde, das beträchtlich höher ins Gewicht fällt. Die Redensart „Das macht den Kohl auch nicht fett“ beschreibt den Hintergrund des § 154 StPO recht gut.
Voraussetzungen für eine Einstellung nach § 154 StPO
Die Staatsanwaltschaft kann von einer Verfolgung einer Straftat absehen, wenn
- die Strafe, die im Falle einer Verurteilung zu erwarten ist, neben einer anderen rechtskräftigen Strafe nicht beträchtlich ins Gewicht fällt oder
- wenn eine Verurteilung so bald nicht zu erwarten ist und der Täter schon wegen einer anderen Sache verurteilt wurde bzw. eine Strafe zu erwarten hat.
Praktisches Beispiel für eine Einstellung wegen Mehrfachtaten
Ein Beschuldigter wurde mit eindeutigen Beweisen bereits wegen Betrug angeklagt. Es folgt ein weiteres Ermittlungsverfahren wegen Urkundenfälschung. Die weitere zu erwartende Strafe wegen Urkundenfälschung würde neben der verhängten Strafe bei Betrug unbedeutend sein. Daraufhin kann die Staatsanwaltschaft das Verfahren nach § 154 StPO einstellen.
Wiederaufnahme nach Einstellung wegen Mehrfachtaten
Grundsätzlich kann das Strafverfahren nach einer Einstellung wegen § 154 StPO von der Staatsanwaltschaft wieder aufgenommen werden. Das ist oftmals dann der Fall, wenn etwa ein Freispruch wegen der vorangegangenen und höher bewerteten Tat erfolgte.
Einstellung des Verfahrens nach § 154a StPO – wegen Beschränkung der Strafverfolgung
Während beim § 154 StPO ein weiteres Strafverfahren eingestellt wird, beschäftigt sich der § 154a StPO mit verschiedenen Straftaten einer einzigen prozessualen Tat. Dazu ein praktisches Beispiel:
Praktisches Beispiel für eine Einstellung wegen Beschränkung der Strafverfolgung
Dem Beschuldigten wird vorgeworfen, eine Tankstelle überfallen zu haben. Bei dem bewaffneten Raub beschädigt er zudem ein Warenregal, was eindeutig eine Sachbeschädigung darstellt. Der Beschuldigte wird wegen bewaffneten Raubes angeklagt, die Sachbeschädigung kann gemäß § 154a StPO von der Staatsanwaltschaft eingestellt werden, da diese nicht sonderlich ins Gewicht fällt.
Wiederaufnahme nach Einstellung wegen einer Beschränkung der Strafverfolgung
Der ausgeklinkte Tatteil kann in jeder Lage des gerichtlichen Verfahrens wiedereinbezogen werden. Wird der Beschuldigte verurteilt, kann die nach § 154a StPO eingestellte Straftat nicht mehr verfolgt werden. Kein Angeklagter kann wegen derselben Tat mehrmals bestraft werden, was man Strafklageverbrauch nennt. Dieser tritt in diesem Fall in Kraft.
Einstellung des Verfahrens nach § 170 StPO – mangels hinreichenden Tatverdachts
Die wohl zufriedenstellendste Verfahrenseinstellung für einen Beschuldigten ist die Einstellung nach § 170 Abs. 2 StPO. Das bedeutet, dass ein Anfangsverdacht, mit dem ein Ermittlungsverfahren eingeleitet wurde, nicht bewiesen werden konnte. Eine Anklage mit anschließender Hauptverhandlung und einem Urteil findet nicht statt.
Wiederaufnahme nach Einstellung wegen mangelndem Tatverdacht
Eine spätere Anklage trotz Einstellung ist dennoch möglich. Hierbei müssen der Staatsanwaltschaft jedoch neue Erkenntnisse vorliegen. Ergeben sich neue Beweise, kann das Strafverfahren wieder aufgenommen werden.
Einstellung des Verfahrens nach § 31a BtMG – geringe Menge bei Drogen
Der Erwerb, Besitz und Handel von Betäubungsmitteln (BtM) ist in Deutschland nach dem Betäubungsmittelgesetz (BtMG) strafbar. Grundsätzlich gibt es hierbei keine Straffreiheit und auch die „geringe Menge“ ist kein Garant für Straffreiheit.
Dennoch kann die Staatsanwaltschaft ein Verfahren einstellen, wenn nur eine geringe Menge an Betäubungsmitteln festgestellt wurde, die offensichtlich für den Eigenbedarf bestimmt war. Mehr Informationen hierzu haben wir in einem eigenen Artikel veröffentlicht. Darin finden Sie auch Richtlinien, wann es sich um geringe Mengen handelt: Geringe Menge BtMG - Wann wird ein Verfahren eingestellt?
Einstellung des Verfahrens nach dem Jugendgerichtsgesetz
Im Jugendstrafrecht steht der erzieherische Gedanke meist vor der Absicht, den Täter zu bestrafen. Deshalb gibt es im Jugendgerichtsgesetz (JGG) auch weitere Paragrafen, die eine Einstellung des Verfahrens regeln.
Einstellung nach § 45 JGG
Nach § 45 JGG gibt es mehrere Arten, nach denen ein Strafverfahren gegen einen Jugendlichen noch vor der Anklage eingestellt werden kann. Der § 45 JGG Abs. 1 regelt eine Einstellung wegen Geringfügigkeit, die der nach § 153 StPO im Erwachsenenstrafrecht entspricht.
Zudem kann das Verfahren noch vor der Anklage gegen erzieherische Maßnahmen eingestellt werden, was in § 45 JGG Abs. 2 geregelt ist. Die erzieherische Maßnahme muss bereits durchgeführt oder eingeleitet sein. Klassische erzieherische Maßnahmen sind
- Erziehungskurse wie etwa Antiaggressionskurse,
- ein Täter-Opfer-Ausgleich und weitere Schadenswiedergutmachungen oder auch
- erzieherische Konsequenzen durch Eltern, Schule oder die Jugendbehörden.
Bei schwereren Taten kann von einer Strafverfolgung bei einem Jugendlichen wegen § 45 JGG Abs. 3 abgesehen werden. Der Jugendrichter erteilt dabei in der Regel Weisungen und Auflagen (z. B. Ableistung von Sozialstunden). Nach deren Erfüllung wird das Strafverfahren eingestellt.
Einstellung nach § 47 JGG
Wurde von der Staatsanwaltschaft bereits Anklage erhoben, kann das Strafverfahren vom Jugendgericht dennoch nach § 47 JGG eingestellt werden. Die Voraussetzungen hierbei sind dieselben wie nach § 45 JGG.
Wie erreiche ich eine Einstellung des Verfahrens?
Auf die Milde der Staatsanwaltschaft sollten Sie dabei nicht vertrauen. Hierbei handelt es sich um eine Anklagebehörde und keine Einstellungsbehörde. Vertrauen Sie dabei lieber Ihrem Anwalt.
Die Einstellung des Verfahrens ist nach Möglichkeit das Hauptziel unserer Strafverteidigung. Deshalb werden wir auch darauf hinwirken, wenn es die Umstände zulassen.
Nutzen Sie hierfür unsere kostenlose und unverbindliche Ersteinschätzung. Wir vertreten Sie bundesweit von unseren Kanzleistandorten in Bonn, Hamburg, Berlin, Dresden, Frankfurt, Stuttgart, Nürnberg und München aus. Nehmen Sie am besten sofort Kontakt zu uns auf, wenn Ihnen ein Strafverfahren gegen Sie bekannt wird.
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Über den Autor
Dr. Matthias Brauer LL.M.
Rechtsanwalt und Fachanwalt Dr. Matthias Brauer ist Kanzleiinhaber und verfügt vor allem im Strafrecht und Verkehrsrecht über eine große Praxiserfahrung.
Standorte der Kanzlei Dr. Brauer Rechtsanwälte sind in Bonn, Frankfurt am Main, Dresden, Hamburg, Stuttgart, Nürnberg, München und Berlin. Von dort aus vertreten die Anwälte und Strafverteidiger Mandanten aus und in ganz Deutschland.
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