Im Laufe eines Ermittlungsverfahrens kann die Staatsanwaltschaft bei dringendem Tatverdacht eine Untersuchungshaft, häufig U-Haft genannt, beantragen.
Diese Zwangsmaßnahme ist in der Strafprozessordnung (StPO) geregelt. Wird durch einen Richter ein Haftbefehl erlassen, folgt meist eine harte Zeit des Ungewissen für den Verdächtigen.
In diesem Rechtstipp möchten wir häufig auftretende Fragen zu diesem Thema klären und Beschuldigten sowie Angehörigen Verhaltenstipps mit auf den Weg geben.
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- Voraussetzungen und Haftgründe
- Ablauf bis zum Vollzug der U-Haft
- Einstweilige Unterbringung nach § 126 a StPO
- Dauer einer Untersuchungshaft
- Möglichkeiten der Aufhebung
- Anrechnung und Entschädigung
- Rechte des U-Häftlings
- Verhaltenstipps für U-Häftlinge
- Verhaltenstipps für Angehörige
- Anwalt bei Untersuchungshaft
Wann und warum kommt man in Untersuchungshaft?
Grundvoraussetzung für die Anordnung einer U-Haft ist neben dem dringenden Tatverdacht auch die Verhältnismäßigkeit zum Tatvorwurf. Daneben muss ein Haftgrund gegeben sein. Hierbei kommen folgende Gründe in Betracht:
Diese Voraussetzungen sind in § 112 StPO geregelt. Das klingt erst einmal nach hohen Anforderungen. Die Praxis in Deutschland zeigt jedoch, dass häufig von dem Instrument der Untersuchungshaft Gebrauch gemacht wird. Bevor wir uns die Voraussetzungen und Haftgründe näher ansehen, möchten wir noch kurz darauf eingehen, bei welchen Delikten häufig die Untersuchungshaft droht.
Bei welchen Delikten wird eine Untersuchungshaft angeordnet?
Grundsätzlich kann eine U-Haft bei allen Straftaten angeordnet werden, deren Strafzumessung über einer Freiheitsstrafe von sechs Monaten oder 180 Tagessätzen liegt. Ist ein dringender Tatverdacht gegeben und kommt ein Haftgrund dazu, wird eine Untersuchungshaft gerade bei folgenden Straftaten häufig angewendet:
- BtMG-Delikte wie Drogenhandel,
- Gewaltdelikte wie gefährliche Körperverletzung,
- Wirtschaftsstraftaten wie Korruption oder Betrug,
- Sexualstraftaten wie Vergewaltigung,
- Kapitalverbrechen wie Mord oder Totschlag,
- sämtliche Straftaten im Zusammenhang mit organisierter Kriminalität
- oder einer terroristischen Vereinigung.
Voraussetzungen für Untersuchungshaft
Wie oben bereits genannt müssen verschiedene Voraussetzungen erfüllt sein, die eine Untersuchungshaft rechtfertigen. Zum einen der dringende Tatverdacht sowie die Verhältnismäßigkeit.
Voraussetzung: „Dringender Tatverdacht“ bei U-Haft
Nur wer dringend tatverdächtigt wird, kann laut Gesetz in Untersuchungshaft kommen. Ein solcher dringender Tatverdacht liegt vor, wenn davon ausgegangen werden kann, dass aufgrund bestimmter Tatsachen (Beweise) eine große Wahrscheinlichkeit besteht, dass der Beschuldigte die ihm vorgeworfene Straftat begangen hat.
Die bloße Vermutung der Polizei oder Staatsanwaltschaft rechtfertigt also rein theoretisch noch keinen Haftbefehl. Auch ein hinreichender Tatverdacht scheidet dafür aus. Der hinreichende Tatverdacht liegt vor, wenn es aufgrund der aktuellen Beweissituation wahrscheinlich ist, dass der Beschuldigte aufgrund der vorgeworfenen Straftat verurteilt wird. Dies reicht aus, um Anklage zu erheben oder einen Strafbefehl zu beantragen, jedoch nicht für eine U-Haft.
Voraussetzung: „Verhältnismäßigkeit“ bei U-Haft
Aus der Strafprozessordnung geht hervor, dass eine U-Haft nicht angeordnet werden darf,
„wenn sie zu der Bedeutung der Sache und der zu erwartenden Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung außer Verhältnis steht.“
Praktisch bedeutet dies, dass die Straftat und die zu erwartende Strafe die Maßnahme der Untersuchungshaft rechtfertigen muss. Hierbei gibt der § 113 StPO konkretere Angaben. Beim Haftgrund der Verdunkelungsgefahr darf die Untersuchungshaft nur angewandt werden, wenn die zu erwartende Strafe
- sechs Monate Freiheitsstrafe
- oder eine Geldstrafe von 180 Tagessätze
übersteigt.
Haftgründe für Untersuchungshaft
Neben den Voraussetzungen müssen weitere Haftgründe gegeben sein, die eine U-Haft rechtfertigen. Nur bei gewissen und schweren Tatvorwürfen muss kein Haftgrund gegeben sein. Auf diesen Umstand gehen wir noch ein.
Haftgrund: Flucht oder Fluchtgefahr
Wer sich dem Verfahren bereits einmal entzogen hat oder Vorbereitungen für die Flucht ergriffen hat, wird in den meisten Fällen einen Haftbefehl erhalten. Zudem kann die Untersuchungshaft aufgrund einer Fluchtgefahr angeordnet werden, wenn der Beschuldigte keinen festen Wohnsitz oder Aufenthalt in Deutschland hat oder sich nicht ausweisen kann.
Praktisch reicht es oft aus, wenn die Ermittlungsbehörden aufgrund von Umständen (z. B. Kontakte ins Ausland) davon ausgehen, dass eine Gefahr besteht, dass sich der Beschuldigte dem Strafverfahren entziehen könnte.
Haftgrund: Verdunkelungsgefahr
Sind die Ermittlungsbehörden der Annahme, dass der Beschuldigte aktiv auf Beweismittel (sachliche Beweismittel oder Zeugen) einwirkt, um eine Aufklärung zu verhindern oder zu erschweren, kann ein eine Untersuchungshaft aufgrund Verdunkelungsgefahr beantragt werden.
Dies ist häufig der Fall, wenn der Beschuldigte etwa während einer Hausdurchsuchung Beweismittel verschwinden lassen will oder Kontakt zu Zeugen oder Opfer sucht. In der Praxis wird bei Wirtschaftsstraftaten wie Steuerhinterziehung oder Korruption sowie bei der organisierten Kriminalität bereits aus dem Deliktcharakter darauf geschlossen, dass eine Verdunkelung vorliegt.
Haftgrund: Wiederholungsgefahr
Gehen die Behörden aufgrund vorhandener Tatsachen davon aus, dass vom Beschuldigten eine besondere Gefahr ausgeht und mit weiteren schweren Straftaten gerechnet werden kann, kann Untersuchungshaft aufgrund einer Wiederholungsgefahr angeordnet werden. Dabei handelt es sich um eine vorbeugende Maßnahme, um die Allgemeinheit zu schützen.
Hierbei sind in § 112a StPO konkrete Delikte genannt, bei denen der Haftgrund der Wiederholungsgefahr angewendet werden kann. Genannte Delikte sind dort unter anderem Gewaltdelikte wie gefährliche Körperverletzung sowie allerlei Sexualstraftaten.
U-Haft ohne Haftgründe bei schweren Verbrechen
Bei schweren Straftaten wie Kapitalverbrechen kann eine Untersuchungshaft auch ohne Haftgründe angeordnet werden. Der dringende Tatverdacht muss hierbei dennoch gegeben sein. Straftaten, bei denen eine U-Haft ohne Haftgründe in Frage kommt, sind:
- Völkermord (§ 6 Abs. 1 Nr. 1 Völkerstrafgesetzbuch)
- Verbrechen der Aggression (§ 13 Abs. 1 Völkerstrafgesetzbuch)
- Bildung terroristischer Vereinigung (§ 129a StGB)
- Schwerer sexueller Missbrauch von Kindern (§ 176c StGB)
- Sexueller Missbrauch von Kindern mit Todesfolge (§ 176d StGB)
- Mord (§ 211 StGB)
- Totschlag (§ 212 StGB)
- Schwere Körperverletzung (§ 226 StGB)
- Besonders schwere Brandstiftung (§ 306b)
- Brandstiftung mit Todesfolge (§ 306c)
- Herbeiführen einer Sprengstoffexplosion (§ 308 StGB)
Das Ziel der Untersuchungshaft
Die Maßnahme der Untersuchungshaft mag für einige Beschuldigte willkürlich wirken. Der Zweck dieser Maßnahme hat für den „Rechtsstaat“ dennoch seine Daseinsberechtigung. Mit der U-Haft will die Justiz die Anwesenheit des Beschuldigten im Strafverfahren sowie die Strafvollstreckung sicherstellen und eine ordnungsgemäße Tatsachenermittlung gewährleisten.
Wie kommt man in Untersuchungshaft?
In einem Ermittlungsverfahren gibt es zwei Arten, wie ein Beschuldigter in Untersuchungshaft gerät. Entweder er wird von der Polizei vorläufig festgenommen und anschließend einem Haftrichter vorgeführt, der einen Haftbefehl erlässt. Oder der Haftbefehl wird bereits zuvor von der Staatsanwaltschaft beantragt und die Polizei sucht den Beschuldigten am Wohnort, an der Arbeitsstelle oder an einem sonstigen Ort auf.
Nach einer Festnahme durch die Polizei muss der Verdächtigte innerhalb 24 Stunden einem Richter vorgeführt werden. Es handelt sich dabei nicht immer um den zuständigen Richter, sondern meist um den nächsten verfügbaren. Dieser verkündet dann lediglich den Haftbefehl und sorgt für die zeitnahe Vorführung beim zuständigen Haftrichter.
Beim Haftrichter wird auch die Sicht des Beschuldigten angehört. Am Ende steht jedoch fest, wie weiter verfahren wird. Diese Möglichkeiten bestehen dabei:
- Aufrechterhaltung des Haftbefehls und Verbringung in eine Justizvollzugsanstalt (§ 115 Abs. 4 StPO)
- Einstweilige Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus oder einer Entziehungsanstalt (§ 126a StPO)
- Vorläufige Aussetzung des Vollzugs unter Auflagen (§ 116 StPO)
- Aussetzung des Haftbefehls ohne weitere Auflagen (§ 120 StPO)
Welche JVA ist für die Untersuchungshaft zuständig?
Der Beschuldigte erfährt spätestens beim Ermittlungsrichter, in welche Justizvollzugsanstalt er verbracht wird. Meistens handelt es sich dabei um die zuständige JVA am Ort der Verhaftung. Der Wohnort hat hier keinen wirklichen Einfluss. Ist der Beschuldigte in Berlin wohnhaft, wird aber in München festgenommen, so wird er einer bayerischen Justizvollzugsanstalt zugeordnet.
Bei mehreren Festnahmen (Gruppe von Tätern) werden die Beschuldigten getrennt voneinander inhaftiert, wodurch auch verschiedene Justizvollzugsanstalten in Anspruch genommen werden. Auch die gesundheitliche Verfassung des Festgenommenen oder fehlende Kapazitäten vor Ort können bei der Zuteilung eine Rolle spielen.
Ein Recht auf Verlegung, etwa an eine dem Wohnort nahe JVA hat der U-Häftling nicht. Dennoch kann mithilfe eines Strafverteidigers versucht werden, eine Verlegung zu erreichen.
Was bedeutet eine einstweilige Unterbringung statt Untersuchungshaft?
Liegt die Annahme vor, dass jemand eine Straftat im Zustand der Schuldunfähigkeit oder verminderter Schuldfähigkeit begangen hat, kann auch eine einstweilige Unterbringung anstelle der U-Haft angeordnet werden. Geregelt ist dies im § 126a StPO. Die Unterbringung findet dann in einem psychiatrischen Krankenhaus oder einer Entziehungsanstalt statt.
Häufig wird dabei später bei einer Verurteilung die Unterbringung in einem Maßregelvollzug angeordnet. Nicht selten wird im Laufe der einstweiligen Unterbringung ein Gutachten angefertigt, um eine verminderte Schuldfähigkeit oder gar die Schuldunfähigkeit festzustellen oder auszuschließen.
Wie lange kann man in Untersuchungshaft bleiben?
In Deutschland ist die Dauer der U-Haft nur durch den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz begrenzt. Die Meinungen, dass eine Untersuchungshaft maximal sechs Monate lang andauern darf, ist ein weitverbreiteter Irrglauben. Die tatsächliche zeitliche Länge einer Untersuchungshaft ist abhängig vom individuellen Verfahren und dessen Umfang.
Häufig kann man mit etwa 6 – 12 Monaten rechnen, in denen man bis zum Prozessbeginn in Untersuchungshaft sitzt, wenn man die Untersuchungshaft nicht vorher etwa durch eine Haftprüfung beenden kann.
Dennoch: Das Bundesverfassungsgericht hat in mehreren höchstrichterlichen Entscheidungen eine unzumutbare Verzögerung des Verfahrens in Verbindung mit einer U-Haft von mehr als einem Jahr für verfassungswidrig erklärt. Das bedeutet jedoch nicht, dass eine Untersuchungshaft nach einem Jahr endet, sondern dass bei einer solchen Verzögerung mit einer Haftbeschwerde vorgegangen werden kann. Diesen Schritt sollte man mit einem erfahrenen Strafverteidiger absprechen.
Welche Möglichkeiten gibt es, um die U-Haft aufheben zu lassen?
Jeder U-Häftling fragt sich: Wie komme ich möglichst bald aus der Untersuchungshaft heraus?
Auch nachdem der Haftrichter den Haftbefehl vollstreckt hat, gibt es Möglichkeiten, aus der Untersuchungshaft noch vor dem Gerichtsprozess entlassen zu werden – mit und ohne Auflagen. Hierbei ist es ratsam, einen erfahrenen Strafverteidiger zu kontaktieren, der den Beschluss genauestens prüft und weitere Schritte für den Beschuldigten einleitet.
Grundsätzlich gibt es zwei wichtige Rechtsbehelfe, um gegen einen Haftbefehl vorzugehen: die Haftprüfung und die Haftbeschwerde.
Antrag auf Haftprüfung nach § 117 StPO
Der U-Häftling kann eigenständig oder mithilfe eines Strafverteidigers jederzeit eine Haftprüfung nach § 117 StPO beantragen. Dabei findet eine mündliche Anhörung unter Ausschluss der Öffentlichkeit vor dem zuständigen Ermittlungsrichter statt. Dabei wird entschieden, ob der Beschuldigte weiterhin inhaftiert bleibt oder nicht.
Der Rechtsbehelf steht dem U-Häftling nur so lange zu, wie er sich in Untersuchungshaft befindet. Zudem gibt es dabei keinen sogenannten Devolutiveffekt. Das bedeutet, dass die Angelegenheit nicht bei einer höheren Instanz stattfindet, sondern immer beim zuständigen Haftrichter. Ein Antrag auf Haftprüfung kann auch mehrmals gestellt werden. Eine weitere mündliche Verhandlung wird jedoch nur dann durchgeführt, wenn die Untersuchungshaft länger als drei Monate dauert und seit der letzten Prüfung mindestens zwei Monate vergangen sind.
Eine Haftprüfung findet gemäß § 118 Abs. 5 StPO unverzüglich statt. Spätestens zwei Wochen nach Antrag muss die mündliche Anhörung vor dem Richter stattfinden. Diese dauert in der Regel etwa eine Stunde. Entschieden wird in den meisten Fällen am Schluss der mündlichen Haftprüfung. Unter Umständen kann die Entscheidung bis spätestens eine Woche nach der mündlichen Haftprüfung hinausgezögert werden.
Bei der Haftprüfung findet eine umfassende Neubewertung der Sachlage und Rechtslage statt. Aus diesem Grund sollten Sie dabei auf einen erfahrenen Anwalt für Strafrecht zurückgreifen, der die Argumente für Ihre sofortige Freilassung vorträgt und mit Nachdruck Ihre Rechte vertritt. In einigen Fällen weisen Haftbefehle auch inhaltliche Mängel auf, die ein kompetenter Strafverteidiger auf den ersten Blick sieht und für Ihre sofortige Freilassung nutzen kann.
Haftbeschwerde nach § 304 StPO
Richter ändern nur sehr ungern ihre Meinung. Daher ist es nicht verwunderlich, dass eine Haftprüfung oftmals nicht den gewünschten Erfolg bringt. Durch eine Haftbeschwerde gemäß § 304 StPO lässt man die Untersuchungshaft von der nächsthöheren Instanz überprüfen.
Der Unterschied zur Haftprüfung besteht jedoch nicht nur in der Zuständigkeit des Gerichts. Bei einer Haftbeschwerde gibt es keinen Anspruch auf eine mündliche Verhandlung. Hier muss also bereits der Antrag sämtliche Argumente für die Aufhebung des Haftbefehls beinhalten. Ohne einen Anwalt sollte man ohnehin mit einer Haftbeschwerde vorsichtig sein.
Bringt die Haftbeschwerde keinen Erfolg, kann auch gegen diese Entscheidung eine weitere Beschwerde gemäß § 310 StPO eingelegt werden.
Eine Haftbeschwerde kann während der gesamten Zeit der Untersuchungshaft eingelegt werden. Steht jedoch ein Antrag auf Haftprüfung aus, kann man nicht gleichzeitig eine Haftbeschwerde einreichen.
Aufhebung oder Aussetzung des Haftbefehls
Ein Haftbefehl für eine U-Haft kann jederzeit ausgesetzt oder aufgehoben werden. Bei beiden Möglichkeiten kommt der U-Häftling sofort auf freiem Fuß. Das ist in dieser Situation erst einmal das Wichtigste. Dennoch sollte man den Unterschied wissen.
Wird der Haftbefehl aufgehoben, ist dieser komplett unwirksam. Der Häftling kommt also sofort und ohne weitere Auflagen frei. Das bedeutet jedoch nicht, dass auch automatisch das Ermittlungsverfahren erledigt ist. Solange das Verfahren nicht eingestellt wurde, kann es dennoch zur Anklage und zu einer Verurteilung kommen.
Wird der Haftbefehl ausgesetzt, so wird der U-Häftling zwar entlassen, aber in der Regel sind damit Auflagen verbunden. Diese Auflagen sind dabei gängig:
- Persönliche und regelmäßige Meldepflicht bei der Polizei,
- Aufenthalt nur in einem bestimmten Bereich,
- Zahlung einer Kaution.
Dabei ist es häufig so, dass etwa der Reisepass eingezogen wird. Wird gegen eine Auflage verstoßen, ist die weitere Inhaftierung ziemlich sicher.
Anrechnung und Entschädigung bei Untersuchungshaft
Die Tage einer Untersuchungshaft sollen nicht umsonst sein. So stellen sich schuldig gesprochene sowie Unschuldige oftmals die Frage nach der Anrechnung der U-Haft beziehungsweise einer Entschädigung für einer zu Unrecht auferlegten Untersuchungshaft.
Wird die U-Haft auf die Strafe angerechnet?
Gemäß § 51 StPO hat der Verurteilte ein Recht auf die Anrechnung der U-Haft. Wörtlich ist darin zu lesen:
„Hat der Verurteilte aus Anlaß der Tat, die Gegenstand des Verfahrens ist oder gewesen ist, Untersuchungshaft oder eine andere Freiheitsentziehung erlitten, so wird sie auf zeitige Freiheitsstrafe und auf Geldstrafe angerechnet.“
Angerechnet wird dabei die gesamte und tatsächlich vollstreckte Untersuchungshaft bis zur Rechtskraft des Urteils. Bei einer späteren Verurteilung zu einer Geldstrafe entspricht ein Tag Freiheitsentzug einem Tagessatz.
Weiter heißt es in § 51 StPO:
„Das Gericht kann jedoch anordnen, daß die Anrechnung ganz oder zum Teil unterbleibt, wenn sie im Hinblick auf das Verhalten des Verurteilten nach der Tat nicht gerechtfertigt ist.“
Ein Versagen der Anrechnung einer Untersuchungshaft ist aber nur in sehr eingeschränktem Rahmen und in sehr seltenen Fällen möglich. Zwar wird dort vom „Verhalten des Verurteilten nach der Tat“ gesprochen, jedoch rechtfertigt etwa das Nichtbeitragen zur Aufklärung keine Ablehnung der Anrechnung. Es muss sich dabei um eine „böswillige Verschleppung des Verfahrens“ handeln.
Entschädigung für Unschuldige in Untersuchungshaft
Das Gesetz über die Entschädigung für Strafverfolgungsmaßnahmen (StrEG) regelt den Entschädigungsanspruch für jene, die zu Unrecht durch Strafverfolgungsmaßnahmen beeinträchtigt wurden.
Stellt sich heraus, dass jemand unschuldig im Gefängnis war, muss er vom Staat entschädigt werden. Das gilt auch für die Untersuchungshaft. Nur wer die Inhaftierung vorsätzlich oder grob fahrlässig verursacht hat, hat keinen Entschädigungsanspruch.
Die Entschädigungspauschale beträgt derzeit 75 Euro pro Tag. Darüber hinaus sind unter Umständen weitere Entschädigungsansprüche vorhanden. Etwa beim Verlust des Arbeitsplatzes oder für Auslagen wie Anwaltskosten. Kontaktieren Sie hierbei einen erfahrenen Anwalt, der Sie ausführlich zu Ihrer individuellen Situation berät und Ihre Entschädigungsansprüche gegenüber dem Staat durchsetzt.
Welche Rechte hat ein Häftling in Untersuchungshaft?
Theoretisch gilt in Deutschland die Unschuldsvermutung. Jeder, der nicht rechtskräftig wegen einer Straftat verurteilt ist, muss somit als unschuldig angesehen werden. Dennoch verliert man mit der Untersuchungshaft seine Freiheit und muss sich den Regeln und Gegebenheiten der jeweiligen Justizvollzugsanstalt unterstellen. Neben Rechtsbehelfen wie Haftprüfung und Haftbeschwerde bleiben dem Häftling auch ein paar weitere Rechte:
- U-Häftlinge haben das Recht, Briefe zu schreiben und zu empfangen. Hierbei darf seit 2010 auch keine Briefkontrolle mehr stattfinden. Aufgrund einer Verdunkelungsgefahr kann jedoch ein Richter eine Briefkontrolle anordnen.
- Der Beschuldigte hat das Recht, Besuch zu empfangen. Dieser Besuch darf akustisch und optisch überwacht werden. Auch Besuchsverbote können vom Richter bei begründeten Fällen verhängt werden.
- Ein U-Häftling darf nicht zu einer Arbeit in der Anstalt gezwungen werden.
- In der Zusammenarbeit zwischen U-Häftling und Strafverteidiger hat der Beschuldigte ein Recht auf überwachungsfreie Telefongespräche, Schriftverkehr und persönliche Absprachen (Besuche).
Verhaltenstipps für U-Häftlinge und Angehörige
Sowohl für den Beschuldigten sowie für Angehörige gilt zuerst einmal, keine Aussage ohne vorherige Absprache mit einem erfahrenen Anwalt für Strafrecht zu machen. Nicht nur der Beschuldigte hat ein Aussageverweigerungsrecht. Auch Familienangehörige und Verlobte müssen keine Angaben zur Sache machen.
Wie sollte ich mich als Beschuldigter bei der Festnahme und in Untersuchungshaft verhalten?
- Widerstand ist zwecklos - Anwalt einschalten!
Bei der Festnahme sollten Sie keinen Widerstand leisten. Ansonsten droht ein weiteres Strafverfahren wegen Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte oder sogar Angriff auf Vollstreckungsbeamte.
Ein weitverbreiteter Irrtum ist, dass jeder Festgenommene einen Anruf frei hat. Dennoch sollten Sie darauf aufmerksam machen, dass Sie einen Anwalt oder einen Angehörigen verständigen möchten. In der Regel wird Ihnen der Anruf unter Aufsicht eines Beamten gewährt. - Schweigen ist Gold und keine Deals ohne einen Anwalt!
Halten Sie sich bezüglich der Tatvorwürfe bedeckt: nicht nur gegenüber den Ermittlungsbehörden, sondern auch später gegenüber den Beamten in der Justizvollzugsanstalt sowie Ihren Mithäftlingen. Lassen Sie sich auch keinesfalls auf irgendwelche Absprachen (Deals) mit der Staatsanwaltschaft oder Polizei ein, ohne dies vorab mit einem erfahrenen Strafverteidiger besprochen zu haben. Die Untersuchungshaft dient nicht selten auch als Druckmittel für ein Geständnis. Lieber verbringen Sie vorab bis zu einer Haftprüfung ein paar Tage oder Wochen in U-Haft, als anschließend eine langjährige Freiheitsstrafe zu verbüßen, welche Ihnen etwa aufgrund eines unterschriebenen Geständnisses blüht. - Vorsicht bei der Kommunikation!
Achten Sie bei Ihrer Kommunikation (Telefon, Besuch und auch Briefe) unbedingt darauf, nichts über die vorgeworfene Straftat zu äußern. Sprechen Sie ausschließlich mit Ihrem Strafverteidiger darüber. - Behalten Sie einen kühlen Kopf!
Die Situation ist erdrückend. Von einem auf den anderen Tag ist man komplett abgeschieden. Einsamkeit und Ungewissheit sind wohl die stärksten Begleiter dabei. Lenken Sie sich ab. Leihen Sie sich Bücher aus der Gefängnisbibliothek aus, besorgen Sie sich über die JVA ein Radio oder ein Fernsehgerät und informieren Sie sich über Möglichkeiten, eine Arbeit ausführen zu können. Die Untersuchungshaft ist geprägt von langen Einschlüssen in der Zelle. In den meisten U-Haftanstalten kommt man ohne Arbeitsstelle lediglich einmal täglich eine Stunde für den Hofgang und etwa dreimal wöchentlich für einen relativ kurzen „Duschaufschluss“ aus der Gefängniszelle. In dieser Ausnahmesituation ist es dennoch enorm wichtig, einen kühlen Kopf zu bewahren. Hierbei benötigen Sie einen starken Strafverteidiger, der Ihre Situation versteht und alles daran setzt, diese Lage schnellstmöglich zu verändern.
Wie verhalte ich mich, wenn ein Angehöriger in U-Haft ist?
Nicht nur für den Beschuldigten ist die Untersuchungshaft eine gefühlsgewaltige Ausnahmesituation. Angehörige stehen mitunter dieselben Ängste und Sorgen durch – gerade auch wenn Kinder vorhanden sind.
- Verständigung mit dem Anwalt!
Die wichtigste Hilfe eines U-Häftlings ist ein guter Strafverteidiger. Wenn kein solcher vorhanden ist sollten Sie sofort alle Hebel in Bewegung setzen und einen erfahrenen Fachanwalt für Strafrecht kontaktieren. - Keine Schuldzuweisungen!
In den meisten Fällen wissen Angehörige zuvor nichts von den Anschuldigungen und die Untersuchungshaft kommt mehr als plötzlich. Jetzt ist aber auch keine Zeit für Schuldzuweisungen. Auch wenn Sie vielleicht enttäuscht sind – Ihr Angehöriger braucht jetzt auch Ihre Hilfe. Unterlassen Sie es, im Rahmen der Untersuchungshaft über die Tatvorwürfe zu sprechen, Fragen zu stellen oder zu schreiben, da dies nur weitere Probleme herbeiführen kann. Seien Sie ihm in dieser Situation eine Stütze. - Unterstützung ist wichtig!
Als Erstes können Sie Ihrem Angehörigen einen Brief schreiben, in dem Sie ausdrücken, dass Sie auf seiner Seite stehen und fragen, wie es ihm geht. Adressiert werden diese Briefe an die jeweilige Justizvollzugsanstalt und den Namen des Häftlings (Bspw.: Max Mustermann, JVA Essen, Krawehlstr. 59, 45127 Essen).
Besuchszeiten, Einzahlungen auf das Häftlingskonto, Pakete oder gar Telefonate sind von Bundesland zu Bundesland und von JVA zu JVA unterschiedlich geregelt. Hierbei sollten Sie nähere Informationen einholen, was meist mit einem Anruf bei der jeweiligen Justizvollzugsanstalt gelingt. Grundlegende Informationen wollen wir jedoch bereitstellen.
Wie erfahre ich, wo mein Angehöriger in U-Haft sitzt?
Meistens wird der Beschuldigte an dem Ort der Festnahme in der dort zuständigen JVA inhaftiert. Angehörige können die Polizeibehörde, Staatsanwaltschaft oder den zuständigen Ermittlungsrichter kontaktieren und dabei um Hilfe bitten.
Wie kann ich meinen Angehörigen in U-Haft unterstützen?
Das Wichtigste ist Beistand. Briefe und Besuche sorgen für Ablenkung und einen Draht nach draußen. Zudem sind finanzielle Unterstützungen für U-Häftlinge wichtig. Das Fernsehgerät auf der Zelle sowie Tabakkonsum oder Kaffee kosten Geld, dass der Gefangene oftmals gerade am Anfang einer Untersuchungshaft nicht hat.
Besuch in der Untersuchungshaft für Angehörige
Auch in der Untersuchungshaft hat man ein Recht auf Besuche. Das bedarf aber gewissen Vorbereitungen. Man muss zunächst bei der zuständigen Staatsanwaltschaft einen Sprechschein beantragen. Hat man diesen in Händen, sollte man den Besuch in der JVA zuvor telefonisch ankündigen und in Erfahrung bringen, welche Unterlagen mitgeführt werden müssen. In der Regel sind das der Sprechschein sowie ein gültiger Personalausweis.
Jeder Häftling hat je nach Bundesland und JVA eine maximale Besuchszeit. Wenn der Häftling etwa zweimal monatlich je eine Stunde Besuch empfangen darf und diese Besuchszeit verbraucht ist, kann kein weiterer Besuch empfangen werden. Es ist jedoch möglich, dass mehrere Besucher gleichzeitig empfangen werden. Informieren Sie sich dabei auf der jeweiligen Website der Justizvollzugsanstalt oder durch einen Anruf.
Besuche werden dabei beaufsichtigt und überwacht. Auch ein Besuch hinter einer Glaswand ist möglich, oftmals wenn BtMG-Vorwürfe im Raum stehen. Gespräche sind dabei grundsätzlich auf Deutsch zu führen. Ist das nicht möglich, sollte man diesen Umstand unbedingt ankündigen. Eine Übergabe von Gegenständen ist während eines Besuchs verboten. Im Regelfall können vor Ort Getränke und Süßigkeiten gekauft werden, die während des Besuchs oder auch zur Aushändigung erlaubt sind.
Geldzahlungen für den Angehörigen in Untersuchungshaft
Bargeld wird in JVAs nicht benötigt und auch nicht geduldet. Jeder Gefangene hat jedoch in der JVA ein eigenes Konto, in welches auch Geld von außen eingezahlt werden kann. Dieses Geld steht dem Häftling in der Untersuchungshaft auch zur Verfügung. Briefmarken, Tabak, Kaffee oder auch die Leihgebühr für ein TV-Gerät kosten Geld. Monatlich verbraucht ein Häftling damit etwa 150,00 Euro. Gerade zu Beginn einer U-Haft ist meist Unterstützung von außen gefragt, da Arbeitsstellen – wenn überhaupt vorhanden - meist nicht sofort angetreten werden können.
Möchten und können Sie Ihren Angehörigen finanziell unterstützen, müssen Sie das Geld an die Kontoverbindung der jeweiligen Justizvollzugsanstalt überweisen. Die Kontoverbindung findet man meist auf der Homepage der JVA. Damit das Geld auch dort ankommt, ist der Verwendungszweck sehr wichtig.
V-Zweck: Eigengeld für NAME + VORNAME, GEBURTSDATUM, JVA
Liegt eine Pfändung gegen den Gefangenen vor, sollte man beachten, dass auch dieses Konto vollstreckt werden kann.
Briefverkehr mit einem U-Häftling
Der Briefverkehr ist nicht eingeschränkt. Jeder Häftling kann so viele Briefe schreiben und empfangen, wie er will. Schreiben Sie Ihren Angehörigen, sollten Sie immer ein paar Briefmarken beilegen, damit dieser auch antworten und weitere Briefe versenden kann.
Schriftliches zur vorgeworfenen Tat sollte dabei unterlassen werden. Seit 2010 muss zwar eine Briefkontrolle vom Gericht angeordnet werden, dennoch ist hierbei immer Vorsicht geboten. Findet eine Briefkontrolle statt, werden die Briefe geöffnet, gelesen und unter Umständen auch geschwärzt oder eingezogen. Zudem kann dadurch die Übermittlung einige Zeit in Anspruch nehmen und Briefe kommen erst nach einigen Tagen oder gar Wochen an.
Telefonate mit einem U-Häftling
Telefonate mit Häftlingen in Untersuchungshaft werden in der Regel nicht gestattet. Ausnahmefälle können über Sozialarbeiter in der JVA erreicht werden, wenn es keine Möglichkeit gibt, den Inhaftierten zu besuchen.
Pakete in Untersuchungshaft
Die Übergabe von Paketen bei Besuchen ist ausgeschlossen. In einigen Bundesländern und JVAs ist es jedoch möglich, Pakete an den Gefangenen zu senden. Welche Inhalte dabei erlaubt sind, sollte jedoch zuvor in der JVA erfragt werden. Zudem benötigt man dabei eine sogenannte „Paketmarke“, die der Inhaftierte zuvor beantragen muss.
Anwalt bei Untersuchungshaft
Die Untersuchungshaft ist für den Beschuldigten sowie für dessen Angehörige einschneidend. Umso wichtiger ist es hierbei einen erfahrenen und vor allem engagierten Strafverteidiger an seiner Seite zu wissen. Dieser übernimmt nicht nur die Kommunikation mit den Ermittlungsbehörden und versucht die U-Haft mittels Rechtsbehelfe wie einer Haftprüfung oder Haftbeschwerde auszusetzen oder aufzuheben, sondern kümmert sich auch um alles Weitere in dieser Situation Notwendige.
Eine verständnisvolle Vermittlung zwischen Angehörigen und dem U-Häftling sowie Hilfestellung mit Rat und Tat ist für uns in einer solchen Situation selbstverständlich, wenn der Mandant dies wünscht und hierbei eine Entbindung der Schweigepflicht gegenüber seiner Angehörigen unterzeichnet.
Als Anwälte für Strafrecht sind wir bundesweit tätig. Unsere Kanzleiräume befinden sich in Bonn, Hamburg, Berlin, Dresden, Frankfurt, Stuttgart, Nürnberg und München. Wenn Sie ein strafrechtliches Problem haben, Ihnen eine U-Haft droht oder Sie einen Angehörigen in Untersuchungshaft haben, zögern Sie nicht. Nehmen Sie am besten sofort Kontakt zu uns auf. Die Ersteinschätzung ist bei uns immer kostenlos!
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Über den Autor
Dr. Matthias Brauer LL.M.
Dr. Matthias Brauer ist Rechtsanwalt und ein erfahrener Fachanwalt für Strafrecht. Seit Jahren vertritt er mit seiner Kanzlei "Dr. Brauer Rechtsanwälte" bundesweit Mandanten bei strafrechtlichen Anschuldigungen.
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Wichtiger Hinweis: Sämtliche Informationen auf unserer Website und in unserem Rechtsblog dienen ausschließlich allgemeinen Informationszwecken. Sie stellen keine Rechtsberatung dar und können eine individuelle Beratung durch einen Anwalt nicht ersetzen. Bei jeglichen rechtlichen Angelegenheiten müssen immer die Besonderheiten des Einzelfalls berücksichtigt werden. Auch wenn wir unsere Inhalte stets aktualisieren, kann sich die Rechtslage durch neue Urteile oder Gesetze zwischenzeitlich geändert haben. Wenn Sie eine rechtssichere Auskunft zu Ihrem speziellen Problem benötigen, kontaktieren Sie uns für eine persönliche Beratung. Unsere Ersteinschätzung ist für Sie kostenlos.