Nehmen wir an, Sie sind als Soldat der Bundeswehr außerhalb des Dienstes in der Stadt unterwegs und geraten unter Alkoholeinfluss mit jemandem aneinander. Einige Tage später trudelt ein Anhörungsschreiben der Polizei ein: Sie sind Beschuldigter in einem Strafverfahren wegen Körperverletzung.
Mal ganz abgesehen davon, dass so etwas unangenehm ist, stellen sich zusätzliche Fragen: Muss ich das der Dienststelle melden? Wie wirkt sich ein Strafverfahren negativ auf mein Dienstverhältnis aus? Gibt es automatisch auch ein disziplinarrechtliches Verfahren? Muss ich mit einer doppelten Bestrafung rechnen?
Im folgenden Rechtstipp beschäftigen wir uns mit dem Themenkomplex Strafverfahren und Wehrdienst. Wir erklären darin die folgenden Fragen:
Gegen Sie läuft ein Strafverfahren?
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Muss ich der Dienststelle melden, wenn ein Strafverfahren gegen mich läuft?
Zunächst einmal: Die Ermittlungsbehörden stellen bei der Aufnahme der Personalien fest, ob jemand im Staatsdienst tätig ist. Falls Anklage gegen Sie wegen einer Straftat erhoben wird, benachrichtigen die Behörden Ihre Einheit gemäß der Vorschrift Nr. 19 der Anordnung über Mitteilung in Strafsachen (MiStra) von allein.
Allerdings fragt sich, inwiefern es sinnvoll bzw. Ihre soldatische Pflicht ist, dem zuvor zu kommen. Es ist die Ansicht verbreitet, dass § 13 Soldatengesetz (Pflicht zur Wahrheit) die Meldepflicht eigener Verfehlungen beinhaltet, insbesondere da ein Verstoß gegen das Strafgesetzbuch auch einen Verstoß gegen die Pflicht zum treuen Dienen (§ 7 SG) darstellt.
Folgendes ist dabei zu bedenken: Eine Meldung durch die Behörden erfolgt nicht, wenn ein Verdacht gegen Sie im Raum steht, oder ein Ermittlungsverfahren eröffnet wurde, sondern erst, wenn Anklage gegen Sie erhoben wird. Wer bereits die bloße Verdächtigung (die ein Ermittlungsverfahren ja darstellt) gegen seine eigene Person meldet, schießt sich selbst unnötig ins Bein.
Kurz und knapp:
Wenn ein Strafverfahren gegen einen Soldaten läuft, ist dieser NICHT verpflichtet, diesen Umstand in der Bundeswehr zu melden!
Von der Beschuldigung bis zur Meldung an die Wehrdienststelle durch die Behörden können Monate ins Land gehen. Wenn der Soldat sich zuvor bereits selbst angeschwärzt hat und es für nötig befunden wird, ein Disziplinarverfahren anzustrengen, liegt seine Karriere für diese gesamte Zeit „auf Eis“.
Macht er jedoch keine Meldung, kann er in dieser Zeit weiter Dienst tun und eventuell befördert werden, was für die Konsequenzen eines Disziplinarverfahrens entscheidend sein kann: Ist der Soldat zum Zeitpunkt des Disziplinarverfahrens nämlich weniger als vier Jahre im Dienst, droht die Entlassung. Nach Überschreiten der Vier-Jahres-Grenze besteht diese Gefahr nicht mehr.
Was passiert, wenn ein Strafverfahren der Dienststelle gemeldet wird?
Solange das Strafverfahren läuft, passiert dienstrechtlich nichts. Es liegt im Ermessen des Disziplinarvorgesetzten, zu entscheiden, ob zusätzlich zum zivilen Strafverfahren ein Disziplinarverfahren zu eröffnen ist. Falls ja, wird dieses Verfahren jedoch nach § 83 WDO bis zum Abschluss des Strafverfahrens ausgesetzt. Es sind also nicht zwei Verfahren auf einmal zu befürchten.
Das Ergebnis des Strafverfahrens ist überdies gemäß § 84 Abs. 1 WDO auch für das Wehrdienstgericht bindend. Ein Freispruch ist also tatsächlich ein Freispruch und muss nicht zweimal erkämpft werden. Es ist daher wichtig, sich frühzeitig um das Strafverfahren zu kümmern und sich einen guten Anwalt zu nehmen.
Wie funktioniert das Wehrdisziplinarrecht?
In der Bundeswehr werden Disziplinarverfahren nach der Wehrdisziplinarordnung (WDO) durchgeführt. Urteilssprüche werden in erster Instanz durch die zuständige Truppendienstkammer gefällt, in zweiter Instanz ggf. durch das Bundesverwaltungsgericht.
Das Disziplinarverfahren beginnt mit der Einleitungsverfügung. Folgt dieser eine Anschuldigungsschrift, kann entweder durch den zuständigen Richter ein Disziplinarbescheid (vergleichbar einem Strafbefehl) ergehen oder eine (nicht öffentliche) Hauptverhandlung eröffnet werden. Wehrdisziplinarrechtliche Verhandlungen erfolgen nach den Bestimmungen der StPO und können dementsprechend eingestellt werden, oder mit Freispruch oder Verurteilung zu einer Disziplinarmaßnahme enden.
Ein Dienstvergehen darf hierbei gemäß § 18 WDO nur einmal geahndet werden, sodass eine Doppelbestrafung ausgeschlossen ist.
Welche Disziplinarmaßnahmen gibt es?
Im Wehrdisziplinarrecht werden einfache und gerichtliche Disziplinarmaßnahmen unterschieden: Erstere werden gemäß § 22 WDO vom Vorgesetzten verhängt und reichen vom Verweis bis zum (maximal dreiwöchigen) Arrest.
Gerichtliche Disziplinarmaßnahmen umfassen:
- Kürzung der Dienstbezüge,
- Beförderungsverbot,
- Dienstgradherabsetzung,
- Entlassung aus dem Dienst.
Die vom Wehrdienstgericht verhängte Disziplinarmaßnahme muss, wenn das Disziplinarverfahren infolge eines Strafverfahrens angestrengt wurde, im Verhältnis zur dort festgestellten Schuld und verhängten Strafe stehen.
Was soll ich tun, wenn gegen mich als Soldat ein Strafverfahren eröffnet wurde?
Konzentrieren Sie sich auf das Strafverfahren, nicht auf die Tatsache, dass daraus eventuell dienstrechtliche Folgen erwachsen können. Machen Sie von Ihrem Aussageverweigerungsrecht als Beschuldigter Gebrauch.
Es existiert, wie gesagt, keine gesetzliche Pflicht, ein Strafverfahren gegen sich selbst zu melden. Ratsam ist stattdessen, sich umgehend an einen Fachanwalt für Strafrecht zu wenden, der Sie nicht nur in einem Strafverfahren verteidigen kann, sondern außerdem das Wehrdisziplinarrecht kennt, und diesen Faktor mit im Blick hat.
Der Anwalt wird sich die Ermittlungsakte kommen lassen und die Beweislage prüfen. Falls diese dünn ist, kann er verhindern, dass es überhaupt zur Anklage kommt. Lässt sich ein Verfahren nicht verhindern, und Ihre Dienststelle erhält Kenntnis von der Anklage, muss Ihr Anwalt versuchen, einen Freispruch zu erwirken und Sie gegebenenfalls auch im darauffolgenden Disziplinarverfahren unterstützen.
Dr. Brauer Rechtsanwälte sind auf solche Verfahren spezialisiert und haben in der bundesweiten Vertretung von Beamten und Soldaten in Disziplinarverfahren jahrelange Erfahrung. Kontaktieren Sie uns – unsere Ersteinschätzung Ihres Falles ist kostenlos und unverbindlich!
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Über den Autor
Dr. Matthias Brauer LL.M.
Dr. Matthias Brauer ist Rechtsanwalt und ein erfahrener Fachanwalt für Strafrecht. Seit Jahren vertritt er mit seiner Kanzlei "Dr. Brauer Rechtsanwälte" bundesweit Mandanten bei strafrechtlichen Anschuldigungen.
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