Die Konstellation von Aussage gegen Aussage ohne unabhängige Zeugen ist im deutschen Strafrecht alltäglich.
Das beginnt bei kleineren Delikten wie Sachbeschädigung oder Beleidigung bis hin zu Körperverletzung oder gar dem Vorwurf der Vergewaltigung.
Die Entscheidungsregel „in dubio pro reo“ (lateinisch für „im Zweifel für den Angeklagten“) ist ein Grundsatz des deutschen Strafrechts. Hier erfahren Sie jedoch, warum Sie sich als Beschuldigter darauf nicht verlassen sollten.
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Gilt im deutschen Strafrecht „in dubio pro reo“?
„In dubio pro reo“ kommt aus dem lateinischen und bedeutet „Im Zweifel für den Angeklagten“. Auch wenn dieser Begriff im Strafrecht durchaus ein Grundsatz ist, spielt er in der Praxis oftmals keine große Rolle. Beginnen wir mit der Theorie:
Der Zweifelssatz ist ein Ausdruck im Strafprozess und besagt, dass ein Angeklagter nicht verurteilt werden darf, wenn dem Gericht Zweifel an seiner Schuld verbleiben. Auch wenn der Begriff „in dubio pro reo“ nicht wörtlich im Gesetz genannt ist, so leitet sich dieser Grundsatz aus verschiedenen Paragraphen ab, etwa dem „Recht auf ein faires Verfahren“ der Europäischen Menschenrechtskonvention und dem Grundgesetz. Stichwort dabei ist die Unschuldsvermutung, also dass ein Beschuldigter bis zur vor Gericht bewiesenen Schuld als unschuldig gilt.
In der Strafprozessordnung heißt es in § 261 StPo:
„Über das Ergebnis der Beweisaufnahme entscheidet das Gericht nach seiner freien, aus dem Inbegriff der Verhandlung geschöpften Überzeugung.“
Einfach ausgedrückt: das Gericht, also der Richter und gegebenenfalls die Schöffen müssen Zweifel daran haben, dass der Beschuldigte auch Täter ist. Aus der Praxis wissen Strafverteidiger, dass Richter nur selten zweifeln.
In der Praxis ist also der Grundsatz „in dubio pro reo“ eine Entscheidungsregel und keine Beweisregel. Auch wenn konkrete Zweifel vorhanden sind – zweifelt der Richter nicht, ist eine Verurteilung die Folge.
Aussage gegen Aussage: Was bedeutet das konkret?
Von einer „Aussage gegen Aussage Situation“ spricht man, wenn sich der Verdacht gegen einen Beschuldigten nur auf die Aussage eines Zeugen stützt und der Beschuldigte selbst eine andere Schilderung des Sachverhalts vorträgt. In den meisten Fällen ist dabei das vermeintliche Opfer der Zeuge.
Auch wenn mehrere Zeugenaussagen den Schilderungen des Beschuldigten oder Angeklagten widersprechen, kann man unter Umständen von einer Aussage gegen Aussage Konstellation sprechen. Nämlich dann, wenn alle Zeugen „parteiisch“ dem vermeintlichen Opfer nahestehen (Freunde oder Verwandte).
Sind keine weiteren Beweise (z. B. Dokumente, Fingerabdrücke, DNA-Spuren oder unabhängige Zeuge etc.) vorhanden, spricht man von einer Aussage-gegen-Aussage-Situation.
Kann man trotz Aussage gegen Aussage angeklagt oder verurteilt werden?
Steht Aussage gegen Aussage, kann ein Beschuldigter dennoch von der Staatsanwaltschaft angeklagt werden. In der darauffolgenden Hauptverhandlung soll das Gericht Erkenntnisse über den Sachverhalt gewinnen und kann frei über das Ergebnis der Beweisaufnahme entscheiden. Kommt das Gericht (Richter und gegebenenfalls Schöffen) zu der Entscheidung, dass Sie die beschuldigte Tat begangen haben, wird auch trotz Aussage gegen Aussage eine Verurteilung folgen.
Wie entscheidet das Gericht über die Glaubwürdigkeit einer Aussage?
Der Bundesgerichtshof hat hierzu bestimmte Kriterien festgelegt, anhand derer die Glaubwürdigkeit einer Aussage zu beurteilen ist:
- Innere Stimmigkeit und Folgerichtigkeit der Aussage.
- Die Konstanz der Aussage im Kerngeschehen.
- Detailreichtum etwa durch Nebensächlichkeiten.
- Schilderung von Kommunikation, Interaktion und Komplikation.
- Wiedergabe des Erlebten mit psychischen Vorgängen wie Gefühlen, Sorgen und Ängsten.
Dennoch kann ein Richter frei über das Ergebnis entscheiden. Unsere Erfahrung zeigt, dass gerade niedere Instanzen (Amtsgericht) häufig gegen Beschuldigte bei Aussage gegen Aussage entscheiden. Bei einer Berufungsverhandlung oder einem Revisionsverfahren in einer höheren Instanz kann man mit einer starken Verteidigung oftmals mehr erreichen.
Was tun als Beschuldigter bei einem Fall von Aussage gegen Aussage?
Man sieht, dass man als Beschuldigter trotz „in dubio pro reo“ bei einer Aussage gegen Aussage Situation nicht auf der sicheren Seite ist. Deshalb sollte man hier auch nicht blauäugig auf eine Anklageschrift warten oder ohne guten Rechtsbeistand auf einer Hauptverhandlung erscheinen. Auch wenn Sie glauben, dass Sie durch Ihre Aussage bei der Polizei die Tatvorwürfe ausräumen oder entkräften können, sollten Sie unbedingt folgende Ratschläge beherzigen:
- Machen Sie keine Angaben zu den Vorwürfen!
- Kontaktieren Sie einen erfahrenen Strafverteidiger!
Zunächst wird ein guter Rechtsanwalt Akteneinsicht beantragen und die Vorwürfe gegen Sie genauestens prüfen. Erst anschließend macht es Sinn, dass man sich unter Umständen zu den Beschuldigungen äußert. Gibt es vorab die Möglichkeit einer Verfahrenseinstellung, wird ein guter Anwalt für Strafrecht darauf hinarbeiten.
Kommt es dennoch zu einer Anklage, wird ein Strafverteidiger mittels Aussagepsychologie in einer Hauptverhandlung darauf hinarbeiten, dass das Gericht die Anschuldigungen anzweifelt. Das kann zum Beispiel durch das Herausarbeiten eines Falschbelastungsmotivs (z. B. Rache oder Eifersucht), den möglichen Einfluss Dritter zur Entstehungsgeschichte der Aussage oder durch psychische Auffälligkeiten des Aussagenden gelingen.
Werden Sie in einer Aussage beschuldigt, nehmen Sie Kontakt zu uns auf. Im Strafrecht vertreten wir Sie bundesweit von unseren Kanzleistandorten in Bonn, Hamburg, Berlin, Dresden, Frankfurt, Stuttgart, Nürnberg und München aus. Wir sind über Telefon, E-Mail, unserem Kontaktformular oder WhatsApp für Sie erreichbar. Unsere Ersteinschätzung ist immer kostenlos und unverbindlich.
Über den Autor
Dr. Matthias Brauer LL.M.
Dr. Matthias Brauer ist Rechtsanwalt und ein erfahrener Fachanwalt für Strafrecht. Seit Jahren vertritt er mit seiner Kanzlei "Dr. Brauer Rechtsanwälte" bundesweit Mandanten bei strafrechtlichen Anschuldigungen.
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