Ein Gnadengesuch ist die letzte Chance, um einer verhängten Strafe doch noch zu entgehen. Darüber hinaus gibt es die Möglichkeit, durch eine Begnadigung die Höhe der Strafe reduzieren zu lassen. Eine Erfolgsgarantie hat man dabei nicht.
Neben Entscheidungen im Strafrecht können auch Sanktionierungen aus dem Ordnungswidrigkeitenrecht und dem Disziplinarrecht der Beamten und Soldaten Gegenstand eines Gnadenantrags sein. Für ein erfolgreiches Gnadengesuch muss man als Antragsteller verschiedene Regeln beachten. In diesem Artikel erläutern wir die Voraussetzungen für den Erfolg.
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- Was ist das sogenannte Begnadigungsrecht?
- Wer kann ein Gnadengesuch stellen?
- Wer ist für eine Begnadigung zuständig?
- Voraussetzung für eine Begnadigung?
- Wann kann man ein Gnadengesuch stellen?
- Gibt es Formvorschriften für ein Gnadengesuch?
- Welche Arten von Begnadigungen gibt es?
- Kann man bei jeder Strafe ein Gnadengesuch stellen?
- Führt ein Gnadengesuch generell zur Strafmilderung?
- Schließt ein Gnadengesuch andere Rechtsbehelfe aus?
- Wie oft kann ein Gnadengesuch gestellt werden?
- Kann ein Gnadengesuch zur Verschlechterung des Urteils führen?
- Wie lange dauert ein Begnadigungsverfahren?
- Kostet ein Gnadengesuch Geld?
- Anwalt für Gnadengesuch einschalten!
Was ist das sogenannte Begnadigungsrecht?
Das Begnadigungsrecht ist das Recht der Erteilung von Gnadenerweisen. Es bedeutet, dass rechtskräftig ausgesprochene Strafen sowie Sicherungs-, Maßregel- und Besserungsmaßnahmen ganz erlassen, ermäßigt oder umgewandelt werden können. Der überwiegende Teil der Anträge wird abgelehnt. Trotzdem kann es im Einzelfall eine Chance auf Strafmilderung geben.
Der jeweilige Inhaber der Gnadenbefugnis kann seine Entscheidung nach eigenem Ermessen treffen. Der Antragssteller hat ein Recht auf eine Anhörung sowie eine ordnungsgemäße Prüfung des Gnadenantrags. Die Ablehnung eines Gnadengesuchs muss nicht begründet werden. Es gibt auch kein Rechtsmittel gegen die Ablehnung. Der Erfolg eines Gnadengesuchs kann also nicht eingeklagt werden. Es gibt zudem keinen Gleichbehandlungsanspruch mit ähnlichen Fällen.
Wer kann ein Gnadengesuch stellen?
Ein Gnadengesuch, oft auch als Gnadenantrag bezeichnet, kann sowohl der Verurteilte als auch jede andere Person stellen. Sofern eine andere Person den Antrag stellt, muss der Verurteilte damit einverstanden sein.
Wer ist für eine Begnadigung zuständig?
Das Gnadenrecht ergibt sich zunächst auf der Ebene des Bundes aus dem Grundgesetz und auf Landesebene aus den Verfassungen der einzelnen Bundesländer. Konkrete rechtliche Grundlage ist die Gnadenordnung des jeweiligen Bundeslandes. Inhaber der Gnadenbefugnis ist im Regelfall der Ministerpräsident des Bundeslandes, in dem das erstinstanzliche Urteil gefällt wurde. In einigen Bundesländern ist es der Senat bzw. die Landesregierung. Die Begnadigung bedarf der ministeriellen Gegenzeichnung durch den jeweiligen Justiminister bzw. -senator.
Sofern es sich um ein erstinstanzliches Urteil der Bundesgerichtsbarkeit handelt ist der Inhaber der Gnadenbefugnis gemäß Artikel 60 Abs. 2 des Grundgesetzes der Bundespräsident. Meistens handelt es sich dabei um Staatsschutzdelikte oder Straftaten mit terroristischem Hintergrund. Auch hier muss der Bundesjustizminister die die Gnadenentscheidung gegenzeichnen.
In der Praxis werden Gnadenanträge von den in der jeweiligen Gnadenordnung festgelegten Gnadenbehörden bearbeitet. In NRW gibt es bei jedem Landgericht eine Gnadenstelle. Sie kann bis zu einer bestimmten Strafhöhe allein über Gesuche entscheiden.
Welche Voraussetzungen müssen für ein Gnadengesuch vorliegen?
Grundlegende Voraussetzung für einen erfolgreichen Gnadenantrag ist, dass die angegriffene Entscheidung eines Gerichts im konkreten Einzelfall nicht zur Gerechtigkeit beitragen kann. Deshalb müssen im Gnadenantrag die individuellen Besonderheiten des Falles herausgearbeitet werden. Zudem sind die Reue des Täters und sein bisheriges Verhalten im Strafverfahren von großer Bedeutung.
Erfolgreich wird ein Gnadengesuch dann sein, wenn z. B.:
- die Vollstreckung der Strafe aufgrund einer Erkrankung unzumutbar ist,
- beim Verurteilten die Aussicht auf eine erfolgreiche Therapie besteht, die durch den Strafvollzug gefährdet wäre,
- der Verurteilte schwer erkrankte Familienangehörige hat, die nicht durch andere Personen gepflegt werden können,
- durch den Strafvollzug der Arbeitsplatz und damit die Lebensgrundlage der Familie zu befürchten ist.
Die hier aufgeführten Punkte sind aber nur Beispiele. Darüber hinaus kann man auch beim Vorliegen anderer (vor allem sozialer) Gründe begnadigt werden.
Wann kann man ein Gnadengesuch stellen?
Formal muss zunächst ein rechtskräftiges Urteil vorliegen. Ein Gnadenantrag kann demzufolge nicht schon vor einer Verurteilung gestellt werden. Es ist auch kein Ersatz für Berufung oder Revision gegen gerichtliche Entscheidungen. Die Einhaltung einer bestimmten Frist ist nicht erforderlich.
Der richtige Zeitpunkt hängt von den Umständen des Einzelfalls ab. Bei einer schweren Straftat ist es z. B. eher sinnvoll, das Gesuch erst nach der Verbüßung eines Teils der ausgesprochenen Freiheitsstrafe zu stellen. Richtet sich das Gesuch gegen ein Fahrverbot, das die Existenz bedroht, dann muss hingegen schnell gehandelt werden, weil sonst sein Zweck nicht mehr sinnvoll erfüllt werden kann. Es wird deshalb bei den Gnadenbehörden als Eilsache behandelt.
Gibt es Formvorschriften für ein Gnadengesuch?
Ein Gnadengesuch ist nicht an gesetzliche Formvorschriften gebunden. Der Antrag auf die Gewährung von Gnade kann formlos schriftlich eingereicht werden.
Welche Arten von Begnadigungen gibt es?
In Gnadenanträgen kann z. B. beantragt werden:
- der Erlass oder teilweise Erlass einer Freiheitsstrafe
- ein Strafaufschub
- das Aussetzen der Vollstreckung einer Freiheitsstrafe zur Bewährung
- eine Strafunterbrechung
- die Aussetzung einer Restfreiheitsstrafe auf Bewährung
Wenn ein Strafaufschub erreicht werden soll, muss zunächst ein Antrag auf vorübergehenden Vollstreckungsaufschub nach § 456 der Strafprozessordung (StPO) gestellt werden.
Im Fall der Aussetzung der Vollstreckung einer Restfreiheitsstrafe muss vor dem Gnadenantrag die Aussetzung der Strafe nach § 57 Abs. 1 StGB gestellt worden sein. Das ist nach Verbüßung von zwei Dritteln der Haftstrafe möglich.
Daneben ist noch die Aussetzung der Haftstrafe zur Aussetzung auf Bewährung nach § 57 Abs. 2 StGB möglich. Ein Antrag kann gestellt werdenn, wenn der Betroffene erstmals zu einer Freiheitsstrafe verurteilt worden war und die Hälfte der Haftstrafe verbüßt wurde. Zudem müssen besondere Umstände vorliegen, die das Aussetzen rechtfertigen.
Kann man bei jeder Strafe ein Gnadengesuch stellen?
Das Recht auf ein Gnadengesuch ist grundsätzlich unabhängig von der Art und der Schwere der Straftat. Die Gnadenordnungen der Länder können aber festlegen, bei welchen Strafen eine Begnadigung möglich ist. Es gibt daher Unterschiede zwischen den Bundesländern.
Wenig Chancen auf einen erfolgreichen Gnadenantrag gibt es in der Praxis bei Geldstrafen. Hier sieht der Gesetzgeber bereits in § 459a StPO Zahlungserleichterngen vor. Deshalb ist ein Gnadenantrag in diesen Fällen nicht sinnvoll.
Führt ein Gnadengesuch generell zur Strafmilderung?
Da es sich um eine Einzelfallentscheidung handelt, gibt es keine generelle Strafmilderung. Bei einem Gnadenantrag wegen einer Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe kann es jedoch einen Haftaufschub von zwei bis sechs Monaten während des Begnadigungsverfahrens geben.
Schließt ein Gnadengesuch andere Rechtsbehelfe aus?
Es ist möglich, einen Gnadenantrag parallel zu außerordentlichen Rechtsbehelfen zu stellen. Das können sein:
- die Verfassungsbeschwerde
- die Menschenrechtsbeschwerde
- eine Petition
- der Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens.
Sofern die Voraussetzungen dafür vorliegen, kann auch ein Antrag auf Strafrestaussetzung zur Bewährung gestellt werden.
Wie oft kann ein Gnadengesuch gestellt werden?
Es gibt keine rechtlichen Vorgaben, wie oft ein Gnadenantrag eingereicht werden darf. Ebenso existieren keine Vorschriften, wie viel Zeit zwischen zwei Gnadengesuchen vergangen sein muss. Allzu häufige Gnadengesuche werden allerdings in der Praxis kaum Erfolg haben.
Kann ein Gnadengesuch zur Verschlechterung des Urteils führen?
Nein, das muss man nicht befürchten. Dem Inhaber des Begnadigungsrechts steht keine Befugnis zur Erhöhung einer Strafe zu.
Wie lange dauert ein Begnadigungsverfahren?
In der Regel kann man von einer Dauer von zwei bis vier Monaten bei einem Begnadigungsverfahren ausgehen. Gnadenanträge wegen Fahrverboten gelten als Eilsache und werden zügiger bearbeitet.
Kostet ein Gnadengesuch Geld?
Die Einreichung eines Gnadengesuchs selbst bzw. seine Bearbeitung durch die Gnadenbehörde ist kostenlos. Kosten entstehen durch die Beauftragung eines Rechtsanwalts, der für die Erarbeitung Gebühren erhebt.
Warum sollte man für ein Gnadengesuch einen Anwalt einschalten?
Der Antrag auf Begnadiguung kann zwar auch ohne anwaltliche Hilfe gestellt werden, die Beauftragung eines Rechtsanwalts ist aber aus mehreren Gründen zu empfehlen. Besonders aus der Haft heraus ist es schwierig, ohne Hilfe eines Rechtsanwalts erfolgreich ein Gesuch auf Begnadigung zu stellen.
Wie bei anderen juristischen Schriftsätzen kommt es auch hier auf so manches Detail an. Eine falsche Formulierung oder das Vorbringen unpassender Argumente kann zum Scheitern führen. Bei einem Gnadengesuch ist es nicht sinnvoll, auf der Unschuld zu beharren oder den Prozess nachträglich zu kritisieren. So verständlich das aus der persönlichen Sicht des Betroffenen sein mag – vertrauen Sie hier einem Anwalt. Er weiß aufgrund seiner beruflichen Erfahrung, welche Argumente vorgebracht werden sollten und welche eher nicht. Das Gnadengesuch folgt eigenen Gesetzen.
Über den Autor
Dr. Matthias Brauer LL.M.
Dr. Matthias Brauer ist Rechtsanwalt und ein erfahrener Fachanwalt für Strafrecht. Seit Jahren vertritt er mit seiner Kanzlei "Dr. Brauer Rechtsanwälte" bundesweit Mandanten bei strafrechtlichen Anschuldigungen.
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