Im deutschen Strafrecht gibt es zwei Hauptstrafen: die Geldstrafe und die Freiheitsstrafe.
Verurteilt ein Gericht einen Täter zu einer Freiheitsstrafe, stellt sich immer auch die Frage, ob diese zur Bewährung ausgesetzt werden kann.
Doch welche Voraussetzungen müssen dabei erfüllt sein und wie stehen die Chancen für eine Bewährungsstrafe? Wir haben die wichtigsten Informationen für Sie zusammengefasst.
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Was bedeutet Bewährung nach dem StGB (Strafgesetzbuch)?
Der Angeklagte wird zu einer Freiheitsstrafe von 10 Monaten verurteilt. Die Vollstreckung der Strafe wird zur Bewährung ausgesetzt.
So oder so ähnlich ist der Wortlaut eines Urteils, wenn jemand eine Bewährungsstrafe erhält. Im Grunde bedeutet diese Aussage, dass der Angeklagte zu einer Freiheitsstrafe, also Haftstrafe verurteilt wurde. Der Verurteilte muss die Gefängnisstrafe jedoch vorerst nicht antreten. Im Fachjargon spricht man von Strafaussetzung.
Es wird ihm vom Gericht die Chance gegeben, sich für eine gewisse Dauer zu bewähren. Solange sich der Verurteilte im Laufe seiner Bewährungszeit nichts zu Schulden kommen lässt, kann nach Ablauf der Bewährungszeit die Strafe vom Gericht erlassen werden.
Nichts zu Schulden kommen heißt hierbei, dass er keine neuen Straftaten begeht und sich an die Weisungen und Bewährungsauflagen hält. Was hingegen geschieht, wenn Verstöße oder gar neue Straftaten bekannt werden, erklären wir weiter unten.
Ist eine Bewährung nach einer Haftstrafe möglich?
Bei guter Führung ist unter Umständen eine vorzeitige Entlassung aus der Haft möglich. Gängige Zeitpunkte sind hierbei entweder bei Halbstrafe oder dem Zwei-Drittel-Zeitpunkt. Zuvor findet eine Anhörung beim Richter statt, der anschließend darüber entscheidet.
Info: Halbstrafe bedeutet nach Verbüßen der Hälfte der Strafe. Zwei-Drittel-Zeitpunkt bedeutet nach Verbüßen von zwei Drittel der Strafe. Als Beispiel: Jemand erhält eine Freiheitsstrafe von drei Jahren. Die Halbstrafe ist nach 1,5 Jahren erreicht, der Zwei-Drittel-Zeitpunkt nach zwei Jahren.
Dabei wird der Häftling aus der Haft entlassen und die Reststrafe zur Bewährung ausgesetzt.
Wie lange darf eine Bewährungszeit dauern?
Mit dem Urteil wird vom Gericht auch die Dauer der Bewährungszeit bestimmt. Die Bewährungszeit kann zwischen zwei und fünf Jahre betragen. Sie beginnt mit der Rechtskraft des Urteils.
Die Bewährungszeit von fünf Jahren darf zwar in einem Urteil nicht überschritten werden, kommt es jedoch zu erneuten Straftaten, ohne dass dabei die Bewährung widerrufen wird, kann die Bewährungszeit mit einem Beschluss des Gerichts weiter verlängert werden.
Bei einer Verlängerung aufgrund eines Verstoßes gegen Weisungen und Auflagen oder aufgrund einer neuen Straftat kann die Bewährungszeit nicht um mehr als die Hälfte der zunächst bestimmten Bewährungszeit verlängert werden.
Welche Voraussetzungen müssen erfüllt werden, damit eine Strafe auf Bewährung ausgesetzt werden kann?
Zusammengefasst sind folgende Voraussetzungen zu erfüllen:
- Die verhängte Freiheitsstrafe darf zwei Jahre nicht übersteigen.
- Es muss beim Verurteilten eine günstige Sozialprognose vorliegen.
- Die Strafaussetzung zur Bewährung darf nicht das Vertrauen der Bürger in das Rechtssystem erschüttern (bei Freiheitsstrafen über 6 Monaten).
- Es müssen besondere Umstände, also Milderungsgründe vorhanden sein (bei Freiheitsstrafen über einem Jahr).
Doch sehen wir uns die grundlegenden Voraussetzungen genauer an.
Bewährung nur bei einer Freiheitsstrafe von bis zu zwei Jahren
Eine Strafaussetzung zur Bewährung ist nur dann möglich, wenn die Freiheitsstrafe zwei Jahre nicht übersteigt. Wird ein Angeklagter zu 2 Jahren und 1 Monat Freiheitsstrafe verurteilt, ist die Aussetzung zur Bewährung nicht möglich. Bei schwerwiegenden Taten liegt eine Verteidigungsstrategie oftmals darin, eine Freiheitsstrafe von höchstens zwei Jahren zu erhalten, damit eine Bewährungsstrafe überhaupt möglich wird.
Was bedeutet günstige Sozialprognose in Bezug auf eine Bewährungsstrafe?
Ebenso zwingend für die Strafaussetzung einer Freiheitsstrafe auf Bewährung ist eine günstige Sozialprognose. Hierbei spielen die
- Persönlichkeit des Verurteilten,
- Einträge im Führungszeugnis (Vorstrafen),
- Tatumstände,
- das Verhalten nach der Tat sowie
- die Lebensverhältnisse
eine zentrale Rolle.
Beispiel ungünstige Sozialprognose:
Ein Angeklagter wird wegen Körperverletzung zu 10 Monaten Freiheitsstrafe verurteilt. Es finden sich bereits mehrere Einträge in seinem Führungszeugnis wegen Diebstahl und Nötigung. Die Tat hat er begangen, weil er sich zuvor vom Opfer durch Blicke beleidigt fühlte. Er zeigte nach der Tat keine Reue und eine Entschuldigung beim Opfer oder eine Schadenswiedergutmachung blieb aus. Der Verurteilte lebt allein in einer Sozialwohnung und bezieht Bürgergeld. Das Gericht sah keine günstige Sozialprognose und vollstreckt die Haftstrafe.
Beispiel günstige Sozialprognose:
Ein Angeklagter wird wegen Untreue zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren verurteilt, weil er Firmengelder veruntreut hat. Der Verurteilte hat keinerlei Vorstrafen und bemühte sich bis zur Verhandlung einen Großteil der veruntreuten Gelder zurückzuzahlen. Zudem hat er sich bei der Geschäftsleitung entschuldigt. Grund für die Tat war eine Spielsucht, mit der sich der Verurteilte anschließend in einer Therapie auseinandersetze. Er ist verheiratet, hat zwei Kinder und hat eine neue Anstellung gefunden. Das Gericht sah eine günstige Sozialprognose und setzte die Strafe zur Bewährung aus.
Wann droht ein Bewährungswiderruf?
Eine Strafaussetzung zur Bewährung kann vom Gericht widerrufen werden, wenn die verurteilte Person
- in der Bewährungszeit eine Straftat begeht oder
- gegen Weisungen und Auflagen gröblich und beharrlich verstößt.
Das muss aber nicht sein. Das Gericht kann von einem Bewährungswiderruf absehen, wenn weitere Auflagen oder Weisungen oder die Verlängerung der Bewährungszeit ausreichen. Hierbei kommt es auf die Gesamtumstände und den Einzelfall an.
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Über den Autor
Dr. Matthias Brauer LL.M.
Dr. Matthias Brauer ist Rechtsanwalt und ein erfahrener Fachanwalt für Strafrecht. Seit Jahren vertritt er mit seiner Kanzlei "Dr. Brauer Rechtsanwälte" bundesweit Mandanten bei strafrechtlichen Anschuldigungen.
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