Die Möglichkeiten sein Smartphone vor dem Zugriff Dritter zu schützen, sollte jeder nutzen.
Doch Vorsicht vor biometrischen Entsperrmethoden. Die Nutzung von Fingerabdrücken oder Gesichtserkennung ist zwar bequem, birgt jedoch Risiken, gerade bei Strafverfahren.
Keine PINs oder Passwörter herausgeben!
Täglich beschlagnahmen Ermittlungsbehörden technische Gegenstände wie Mobiltelefone, Tablets, Laptops oder PCs. Als Beschuldigter sollte man unter keinen Umständen Passwörter, PINs oder dergleichen an die Behörden herausgeben. Man ist dazu auch nicht verpflichtet!
Am besten man benutzt ein sicheres Passwort aus einer Kombination von Groß- und Kleinbuchstaben, Zahlen und Sonderzeichen. So schützt man sich und sein Mobiltelefon am besten. Warum man auf eine biometrische Entsperrung des Handys verzichten sollte, zeigt ein Fall aus Baden-Württemberg.
Polizei nutzt Fingerabdrücke zur Entsperrung des Mobiltelefons
Die Polizei ermittelte gegen einen Beschuldigten zwecks Verstöße gegen das Betäubungsmittelgesetz. Dabei wurde sein Zimmer in der elterlichen Wohnung durchsucht und das Smartphone beschlagnahmt. Zudem ordnete das Amtsgericht Ravensburg die Abnahme und Nutzung der Fingerabdrücke zum Zwecke der Entsperrung seines Mobiltelefons an.
Landgericht Ravensburg billigt erzwungenen Fingerabdruck
Der Beschuldigte wehrte sich mit einer Beschwerde gegen den Beschluss. Das Landgericht Ravensburg bestätigte jedoch die Anordnung des Amtsgerichts Ravensburg und billigte die Abnahme der Fingerabdrücke sowie die Nutzung zur Entsperrung des Handys.
Begründet wurde dies mit der Rechtsgrundlage des § 81b Abs 1 StPO. Darin heißt es, dass Fingerabdrücke sowie andere erkennungsdienstliche Maßnahmen zum Zwecke eines Strafverfahrens gegen den Willen des Beschuldigten abgenommen werden dürfen, um Messungen und ähnliche Maßnahmen durchzuführen.
Dabei argumentiert das Landgericht, dass die Verwendung zur Entsperrung des Smartphones unter die Kategorie „ähnliche Maßnahmen“ fällt und somit legitim ist.
Das Urteil mit der gesamten Begründung kann hier eingesehen werden: 2 Qs 9/23 jug
Was bedeutet das nun bei zukünftigen Strafverfahren?
Das - unserer Auffassung nach sehr fragliche - Urteil aus Ravensburg hat weitreichende Folgen für die Rechte von Beschuldigten bei Strafverfahren. Die Strafverfolgungsbehörden können dieses Urteil nutzen, um so auch ohne Wissen von PINs oder Passwörter Zugriff auf ein Mobiltelefon zu erhalten. Deshalb sei jedem empfohlen, eine biometrische Entsperrung gänzlich zu vermeiden.
Über den Autor
Dr. Matthias Brauer LL.M.
Dr. Matthias Brauer ist Rechtsanwalt und ein erfahrener Fachanwalt für Strafrecht. Seit Jahren vertritt er mit seiner Kanzlei "Dr. Brauer Rechtsanwälte" bundesweit Mandanten bei strafrechtlichen Anschuldigungen.
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