In unserer digitalisierten Zeit ist es normal geworden, mit fremden Menschen durch Chatrooms, über soziale Netzwerke und in Kommentarspalten zu kommunizieren. Die dort herrschende Anonymität – oder jedenfalls die Distanz eines schriftlichen statt mündlichen Gespräches – führt vielfach dazu, dass solchen Gesprächen die Höflichkeit und Zurückhaltung fehlt.
Viele Menschen betreten die Bühne der digitalen Kommunikation grundsätzlich mit einem extra dicken Fell und vergessen dabei, dass diese Sphäre durchaus kein rechtsfreier Raum ist. Dort ausgesprochene Beleidigungen, Drohungen oder Verleumdungen können - wie in der „wirklichen Welt“ - rechtliche Konsequenzen nach sich ziehen.
Hier erfahren Sie was zu tun ist, wenn einige Wochen nach einer hitzigen Diskussion auf Facebook oder einer anderen Plattform eine Anzeige wegen Beleidigung eintrudelt.
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Wann ist eine Beleidigung im Internet strafbar?
Im Strafgesetzbuch findet sich der Tatbestand der Beleidigung unter § 185 StGB. Er besteht darin, dass man eine andere Person in ihrer Ehre herabsetzt. Dies kann verbal geschehen, also mündlich und im Angesicht des Beleidigten, für die schriftliche Form gilt jedoch dasselbe.
Allgemeine Informationen zum Tatbestand der Beleidigung finden Sie in unseren Ratgeber:
[icon name="share" style="solid"] Straftatbestand Beleidigung: Wann drohen welche Strafen?
Findet eine verbale oder schriftliche Herabsetzung einer Person in deren Abwesenheit statt (was allgemein als „Rufmord“ bezeichnet wird), kann statt der Beleidigung auch der Tatbestand der Üblen Nachrede oder der Verleumdung gelten. Dies hängt davon ab, ob die Behauptungen nachweislich falsch oder wahr sind.
Beleidigung ist ein Antragsdelikt. Das bedeutet, dass eine Strafverfolgung nur dann stattfindet, wenn das Opfer Anzeige erstattet und einen Strafantrag stellt. Bei Beleidigungen im Internet, die auch in Abwesenheit des Opfers stattfinden können, sind folgende Punkte von entscheidender Bedeutung:
- Das Opfer erfährt von der Beleidigung.
- Er oder sie fühlt sich tatsächlich beleidigt und stellt einen Strafantrag.
Anschließend muss geklärt werden, ob es sich bei der angezeigten Tat auch wirklich um eine strafbare Beleidigung handelt und ob eine reale Person als Täter ermittelt werden kann. Folgende Faktoren spielen hierbei eine Rolle.
Faktoren der Strafbarkeit einer online Beleidigung
Faktor Tatvorsatz
Bis dato gilt nach deutschem Recht, dass es eine fahrlässige, also unabsichtliche Beleidigung nicht geben kann. Wer nicht die Absicht hatte, jemanden zu kränken, kann nicht bestraft werden. Der Vorsatz des Täters ist also entscheidend. Dies kann zum Beispiel dann wichtig sein, wenn das Opfer die Beleidigung gar nicht wahrnehmen kann, weil es die Sprache nicht versteht.
Dass jemand besonders zart besaitet ist, und sich bereits beleidigt fühlt, bloß weil ein Gesprächspartner anderer Ansicht ist, begründet keine Strafbarkeit.
Faktor Meinungsfreiheit
Es ist schwierig, einen Menschen für eine Meinungsäußerung zu verurteilen, da in Deutschland der Grundsatz der Meinungs- und Redefreiheit herrschen sollte. Dabei spielt es zunächst einmal keine Rolle, ob die geäußerte Meinung beweisbaren Tatsachen entspricht oder widerlegt werden kann. Hier liegt es gegebenenfalls im Ermessen des zuständigen Gerichts, zwischen der Meinungsfreiheit einer Person und dem verletzten Persönlichkeitsrecht einer anderen Person abzuwägen. Das Ergebnis tendiert meist zur Wahrung des Letzteren.
Faktor Gegenseitigkeit
Wie ist es strafrechtlich zu beurteilen, wenn zwei Menschen sich gegenseitig beleidigen, da in ihrem Gespräch beide jeden Anstand und jede Höflichkeit vermissen lassen?
Hier ist die Rechtsprechung sehr pragmatisch: Gegenseitige Beleidigungen gelten als Einverständniserklärung, dass man einander beleidigt, und können gemäß § 199 StGB gegeneinander aufgerechnet werden.
Faktor Gruppen-Identität
Wenn man schlecht über eine Personengruppe redet oder schreibt, kann dann einer der sich als Angehöriger dieser Gruppe fühlt, wegen Beleidigung Anzeige erstatten, obwohl man ihn selbst gar nicht angesprochen hat?
Hier ist die deutsche Rechtsprechung sehr verwirrend und bisweilen widersprüchlich.
Es existiert der Rechtsgrundsatz, dass eine Kollektivbeleidigung nur dann strafbar ist, wenn sie sich gegen einen klar umreißbaren Personenkreis richtet und dadurch individualisierbar wird, sodass Angehörige der Gruppe sich konkret persönlich angesprochen fühlen können. Ab wann dies genau der Fall ist, ist von der Rechtsprechung bisher nicht abschließend geklärt. „Soldaten sind Mörder“ ist zum Beispiel keine strafbare Aussage, da die Zahl der Soldaten dieser Welt zu groß sei, als dass einzelne Soldaten sich angesprochen fühlen könnten. Derselbe Satz auf religiöse, kulturelle oder ethnische Gruppen angewandt, führt jedoch regelmäßig zu Verurteilungen. Hier spielt nun auch der neu erfundene Straftatbestand der „verhetzenden Beleidigung“ nach §192a StGB eine Rolle, zu dem wir einen separaten Rechtstipp verfasst haben.
Informationen finden Sie hier:
[icon name="share" style="solid"] Neuer Straftatbestand - Verhetzende Beleidigung.
Welch Strafe droht bei einer Beleidigung im Internet?
Grundsätzlich ist Beleidigung ein sogenanntes Vergehen (kein Verbrechen) und wird daher gemäß § 185 StGB mit Geldstrafe oder Freiheitsstrafe von bis zu einem Jahr bestraft. Wenn es sich nicht gerade um einen schweren oder wiederholten Fall handelt, werden zumeist Geldstrafen verhängt. Die Höhe der Strafe wird je nach Einzelfall in einer bestimmten Anzahl von Tagessätzen berechnet, richtet sich also nach dem Einkommen des Täters.
Bei schweren Fällen, wenn es etwa eine besondere Öffentlichkeitswirkung gibt, die die Ehre des Opfers zusätzlich herabsetzt, drohen bis zu 2 Jahren Haft. Bei einer Beleidigung übers Internet kann das schnell der Fall sein, da es sich häufig um einen öffentlichen Diskussionsraum (z. B. Kommentarspalte) handelt. Hier ist mitunter auch entscheidend, dass der beleidigende Inhalt längerfristig für eine große Gruppe von Menschen sichtbar ist.
Verjährungsfrist bei einer Beleidigung über Facebook und Co.
Wie oben bereits beschrieben, muss das Opfer einen Strafantrag wegen Beleidigung stellen, damit das Delikt auch verfolgt wird. Eine Anzeige muss innerhalb von 3 Monaten getätigt werden. Anschließend kann keine Anzeige mehr gestellt werden.
Beim Sonderfall einer Beleidigung übers Internet ist der Fristbeginn nicht immer das Veröffentlichungsdatum der schriftlichen Beleidigung. Die Frist beginnt erst ab dem Tag, an dem das Opfer von der Beleidigung erfahren hat.
Eine Verfolgungsverjährung – etwa für den Fall des besonderen öffentlichen Interesses – tritt nach 3 Jahren ein. Hierbei zählt der Tag der Veröffentlichung.
Beweisbarkeit von Beleidigungen im Internet
Auch wenn viele glauben, im Internet anonym zu sein, wird man schnell eines Besseren belehrt. Das Opfer hat einen Auskunftsanspruch auf die IP-Adresse des Täters, wodurch auch bei einem Inkognito-Profil die reale Person schnell ausfindig gemacht werden kann. Auch ein nachträgliches Löschen des Kommentars bringt in den seltensten Fällen etwas, da Opfer häufig Screenshots als Beweissicherung der beleidigenden Inhalte angefertigt haben.
Beleidigung im Internet: Was tun nach einer Anzeige?
Erhält man eine Anzeige, ist es in der Regel zu spät, sich gütlich zu einigen. Falls es Aussichten auf Erfolg gibt (etwa weil Sie den Beleidigten gut kennen und wissen, dass sich die Sache mit einem Kasten Bier und einem Händedruck aus der Welt schaffen lässt), können Sie das natürlich versuchen. Sie sollten sich aber darüber im Klaren sein, dass auch bei einer Versöhnung mit dem Opfer die Strafanzeige nicht zurückgenommen werden kann und die Strafverfolgung daher möglicherweise trotzdem weitergeht.
Daher raten wir dringend zur Beherzigung der beiden goldenen Regeln des Strafrechts:
1. Schweigen ist Gold!
Sie tun sich mit Rechtfertigungsversuchen der Polizei gegenüber genauso keinen Gefallen wie mit Entschuldigungen. Daher sollten Sie keine Aussagen zur Sache machen und Ihr Schweigerecht wahrnehmen. Ihr Schweigen darf Ihnen nicht negativ ausgelegt werden.
2. Ab zum Anwalt!
Kontaktieren Sie umgehend einen Fachanwalt für Strafrecht! Dieser wird gegenüber der Behörde erklären, dass er Sie vertritt, sodass alle weitere Korrespondenz über den Strafverteidiger abgewickelt wird. Dann kann Ihr Anwalt Einsicht in die Ermittlungsakte nehmen, um herauszufinden, was man Ihnen eigentlich genau vorwirft und wie hierbei die Beweiskraft ist. Wenn die Ihnen zur Last gelegte Handlung gar keine strafbare Beleidigung darstellt oder so geringfügig ist, dass ein Gerichtsverfahren nicht gerechtfertigt wäre, kann Ihr Anwalt die Einstellung des Verfahrens erwirken.
Wenn dies nicht möglich ist, lässt sich auf der Basis der Ermittlungsakte gemeinsam mit Ihnen eine möglichst wirksame Verteidigungsstrategie erarbeiten. Haben Sie bereits einen Strafbefehl erhalten, können wir ebenso gemeinsam dagegen vorgehen.
Wir vertreten bundesweit Mandanten im Strafrecht von unseren Standorten in Bonn, Hamburg, Berlin, Dresden, Frankfurt, Stuttgart, Nürnberg und München aus.
Über den Autor
Dr. Matthias Brauer LL.M.
Dr. Matthias Brauer ist Rechtsanwalt und ein erfahrener Fachanwalt für Strafrecht. Seit Jahren vertritt er mit seiner Kanzlei "Dr. Brauer Rechtsanwälte" bundesweit Mandanten bei strafrechtlichen Anschuldigungen.
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