Die Zahl der erfassten illegalen Straßenrennen auf Deutschlands Straßen nahm in den letzten Jahren deutlich zu. Der Gesetzgeber hat 2017 mit der Einführung von § 315d ins Strafgesetzbuch die Strafandrohung für Raser deutlich verschärft.
Zuvor galten solche Rennen nur als Ordnungswidrigkeit und wurden mit Bußgeldern und kurzen Fahrverboten bestraft.
Seit der Gesetzesergänzung drohen für illegale Autorennen – insbesondere bei schweren Sach- und Personenschäden – erhebliche Folgen für alle Teilnehmer. Daneben muss auch mit dem Fahrerlaubnisentzug und der Beschlagnahme des Kraftfahrzeugs gerechnet werden. In diesem Artikel erläutern wir die aktuelle Rechtslage.
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Was sind illegale Autorennen bzw. Straßenrennen?
Drei Fallgruppen
Der Paragraf 315d StGB erfasst drei verschiedene Fallgruppen. Absatz 1 Nr. 1 stellt die Veranstaltung und Durchführung eines nicht erlaubten Kraftfahrzeugrennens unter Strafe. Darunter versteht man Rennen, bei denen es darum geht, eine bestimmte Strecke so schnell wie möglich zurückzulegen (sogenannte Cannonball-Runs).
Absatz 1 Nr. 2 sieht die Strafbarkeit der Teilnahme an illegalen Straßenrennen vor. Dafür sind mindestens zwei Fahrzeuge erforderlich, deren Führer um die Spitzenpositionen kämpfen. Auch Beifahrer und Insassen anderer beteiligter Kfz gelten als Teilnehmer.
Schließlich stellt Absatz 1 Nr. 3 auch sogenannte Einzelrennen gegen sich selbst unter Strafe. Der Tatbestand wird verwirklicht, wenn ein Kraftfahrzeugführer mit einer unangepassten Geschwindigkeit (etwa 80 bis 100 km/h innerorts) unterwegs ist. Zugleich muss er sich dabei grob verkehrswidrig und rücksichtslos verhalten.
Unter einem grob verkehrswidrigen Verhalten versteht man die Verletzung der geltenden Verkehrsregeln in einem erheblichen Maß. Rücksichtslos verhält sich ein Fahrer, wenn er z. B. anderen Verkehrsteilnehmern die Vorfahrt nimmt, Fußgänger gefährdet oder eine rote Ampel überfährt. Durch die Rechtsprechung wurde klargestellt, dass die gemeinsame Verwirklichung der groben Verkehrswidrigkeit und der Rücksichtslosigkeit gegebenen sein muss, damit der Tatbestand erfüllt wird.
Flucht vor der Polizei
Auch bei einer Flucht vor der Polizei mit einem Kfz kann § 315d StGB vorliegen. Andererseits stellt aber nicht jede hohe Überschreitung der erlaubten Geschwindigkeit ein verbotenes Einzelrennen dar. Es kommt vielmehr auf das Motiv des Täters an, was im Einzelfall oft schwer zu ermitteln ist.
Typische Merkmale von Kraftfahrzeugrennen
In der Praxis gibt es zwei typische Begehungsweisen:
- Die Teilnehmer fahren eine längere Strecke gegeneinander.
- Die Fahrer liefern sich eine Beschleunigungsjagd auf einer kurzen Distanz.
Nach der Rechtsprechung kommt es nicht darauf an, ob sich die Teilnehmer ausdrücklich für das Rennen verabredet haben. Sie müssen sich nicht einmal vorher kennen. Damit sind können spontane Sprintrennen strafbar sein.
Streit um Verfassungswidrigkeit illegaler Straßenrennen
Insbesondere § 315d Absatz 1 Nr. 3 ist unter Juristen umstritten und wurde teilweise für verfassungswidrig gehalten. Oft wurde die Auffassung vertreten, dass die Strafvorschrift gegen das Bestimmtheitsgebot für Gesetze verstoße, weil darin mehrere auslegungsbedürftige Begrifflichkeiten verwendet werden.
Zudem sei nicht eindeutig formuliert, wann eine Überschreitung der Geschwindigkeit die Schwelle der bloßen Ordnungswidrigkeit zum strafbaren Handeln überschreitet. Die Einschätzung der Gerichte dazu war unterschiedlich. Das Amtsgericht Villingen-Schwenningen setzte deshalb ein entsprechendes Verfahren Anfang 2020 aus und legte es zur Entscheidung dem Bundesverfassungsgericht vor.
Am 1. März 2022 entschieden nun die Karlsruher Richter, dass der sogenannte Raser-Paragraf hinreichend konkretisiert und deshalb mit dem Grundgesetz vereinbar ist. Den Gerichten sei es möglich, das besonders umstrittene subjektive Tatbestandsmerkmal „um eine höchstmögliche Geschwindigkeit zu erreichen“ methodengerecht auszulegen.
Welche Strafen drohen bei illegalen Straßenrennen bzw. Autorennen?
§ 315d StGB sieht für die Veranstaltung, Durchführung und Teilnahme an illegalen Kraftfahrzeugrennen eine Freiheitsstrafe von bis zu zwei Jahren oder Geldstrafe vor Gleiches gilt auch für sogenannte Einzelrennen. Zwischen Veranstaltern und Teilnehmern wird grundsätzlich nicht unterschieden.
Werden bei einem Rennen das Leben eines anderen Menschen oder fremde Sachen von bedeutendem Wert gefährdet, muss mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe gerechnet werden. Fahrlässiges Handeln wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe bestraft.
Deutlich höher ist die Strafandrohung bei einem Rennen mit Todesfolge oder Gesundheitsschäden. Mit einer Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren muss rechnen, wer:
- der Tod eines Menschen verursacht,
- eine schwere Gesundheitsschädigung eines anderen Menschen verursacht oder
- eine Gesundheitsschädigung einer großen Zahl von Menschen verursacht.
In minder schweren Fällen sieht das Gesetz in diesem Fall Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren vor.
Bereits der Versuch der Veranstaltung und Durchführung von illegalen Rennen ist strafbar.
Zur Strafe kommen nach Anlage 13 der Fahrerlaubnisverordnung (FeVO) noch drei Punkte beim Kraftfahrtbundesamt in Flensburg hinzu. Außerdem wird die Fahrerlaubnis entzogen.
Illegales Straßenrennen als Mord?
Neben der Verurteilung nach § 315d kommen bei verbotenen Kraftfahrzeugrennen auch noch andere Straftaten nach dem StGB in Betracht – Gefährdung des Straßenverkehrs, fahrlässige Körperverletzung, Totschlag oder sogar Mord.
Der Bundesgerichtshof hat Urteile gegen Raser wegen Mordes grundsätzlich bestätigt. Dabei kommt es nach Auffassung der Richter aber auf die Motive und Gedankengänge der Beteiligten im Einzelfall an. Ein bloßes in Kauf nehmen der Tötung anderer Personen reicht demnach nicht aus. Es geht im Kern um die Unterscheidung zwischen bewusster Fahrlässigkeit und bedingtem (Tötungs-)Vorsatz. Weil das entscheidende Auswirkungen auf das Strafmaß hat, kommt es auf jedes Detail an. Meistens wird es bei einer Bestrafung nach § 315d bleiben, auch wenn angeklagte Raser inzwischen häufiger wegen Mord oder Totschlag im Zusammenhang mit Gefährdung des Straßenverkehrs verurteilt werden.
Welche Nebenfolgen eines illegalen Autorennens kann es geben?
Entziehung der Fahrerlaubnis wegen illegalem Autorennen
Der Entzug der Fahrerlaubnis wird als Nebenfolge bei einer Verurteilung nach § 315d angeordnet. Bis zur Einführung des Paragrafen blieb es meistens bei einem Bußgeld, Punkten in Flensburg und einem Fahrverbot. (Lesen Sie dazu auch unseren Artikel „Was ist der Unterschied zwischen einem Fahrverbot und dem Entzug der Fahrerlaubnis?“)
Die Wiedererlangung im Rahmen einer MPU ist noch deutlich schwerer als bei einer Fahrt unter Alkoholeinfluss. Im Fall von Personenschäden ist ein lebenslanger Entzug der Fahrerlaubnis möglich.
Beschlagnahme und Einziehung des Kfz wegen illegalem Autorennen
Das für das Rennen verwendete Kraftfahrzeug (dazu gehören übrigens auch Motorräder) kann als sogenanntes Tatmittel beschlagnahmt und eingezogen werden. Das bedeutet, dass das Fahrzeug vom Staat zu seinen Gunsten versteigert wird.
Allerdings muss die Einziehung verhältnismäßig sein. Hier spielen verschiedene Kriterien eine Rolle. Das sind u. a.:
- Schwere der Tat (Umfang der verursachten Schäden)
- Wiederholungsgefahr
- Auswirkungen der Einschränkung der Mobilität (Existenzgefährdung, Folgen für die Familie)
- Zeitwert des Kfz
Es besteht also nicht automatisch die Gefahr, dass man nach der Teilnahmen an einem illegalen Rennen sein Fahrzeug verliert.
Eingezogen werden können Fahrzeuge auch dann, wenn der Eigentümer selbst gar nicht an dem Rennen teilgenommen hat. Das setzt aber voraus, dass er das Kfz vorsätzlich oder zumindest leichtfertig dem Straftäter zur Verfügung gestellt hat. In der Praxis handelt es sich bei den benutzen Autos nicht um die eigenen Fahrzeuge der Teilnehmer. Soweit es sich um Mietfahrzeuge, Leasingwagen oder Carsharing-Autos handelt, sind Voraussetzungen für eine Beschlagnahme kaum gegeben.
Zahlt die Versicherung bei Schäden durch illegale Autorennen?
In der Regel übernehmen Versicherungen (Haftpflicht, Vollkasko) nicht die Kosten für Schäden bei Autorennen. Das gilt selbst dann, wenn ausnahmsweise eine Erlaubnis vorlag. Entscheidend sind hier die Bedingungen im jeweiligen Versicherungsvertrag.
Wie kann ein Anwalt nach einem illegalen Straßenrennen helfen?
Wird Ihnen die Teilnahme an einem illegalen Autorennen vorgeworfen oder ist dabei durch einen Unfall sogar ein Unbeteiligter verletzt worden? Dann sollten Sie unbedingt schnell Kontakt zu einem Anwalt aufnehmen, der sich mit Verkehrsstrafrecht auskennt. Durch die erst vor einigen Jahren neu eingeführte Norm gibt es noch keine gefestigte Rechtsprechung. Deshalb bedarf es hier einer besonderen Expertise. Außerdem sollten Sie bei Ihrer Entscheidung die im Raum stehende Strafe sowie die Nebenfolgen wie der Verlust des Führerscheins und möglicherweise sogar die Einziehung des Fahrzeugs im Blick haben.
Wie wir weiter oben erläutert haben, kommt es bei dem Delikt auf eine Vielzahl von Details an. War das Verhalten wirklich grob verkehrswidrig? Handelten Sie tatsächlich rücksichtslos? Wie sah die Motivlage im konkreten Fall aus? Diese und andere Fragen gilt es für einen Rechtsanwalt im Sinne des Mandanten herauszuarbeiten.
Wenn Sie eine Anzeige erhalten haben, sollten Sie zunächst von Ihrem Schweigerecht Gebrauch machen. Sie müssen gegenüber der Polizei nur Ihre Personalien angeben. Das Aussageverweigerungsrecht steht Ihnen als Beschuldigten uneingeschränkt zu. Nach dem Erhalt der Anzeige sollten sie sofort einen Fachanwalt für Strafrecht konsultieren, der sich auch mit Verkehrsrecht auskennt. Er wird dann Akteneinsicht beantragen und auf dieser Grundlage die für Ihren individuellen Fall beste Verteidigungsstrategie entwickeln.
Dr. Brauer Rechtsanwälte sind bundesweit als Strafverteidiger tätig und erfahren im Verkehrsrecht. Wir haben Kanzleistandorte in Bonn, Hamburg, Berlin, Dresden, Frankfurt, Stuttgart, Nürnberg und München. Nehmen Sie einfach per Telefon, WhatsApp, E-Mail oder das Kontaktformular Verbindung mit uns auf und schildern Sie uns Ihren Fall. Unsere Ersteinschätzung ist für Sie kostenlos und unverbindlich.
Über den Autor
Dr. Matthias Brauer LL.M.
Dr. Matthias Brauer ist Rechtsanwalt und ein erfahrener Fachanwalt für Strafrecht. Seit Jahren vertritt er mit seiner Kanzlei "Dr. Brauer Rechtsanwälte" bundesweit Mandanten bei strafrechtlichen Anschuldigungen.
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