Zuletzt aktualisiert am 6. Juli 2023
Getankt ohne zu bezahlen:
Diebstahl, Unterschlagung oder doch Betrug?
Wer derzeit auf die Preise an den Zapfsäulen blickt, den trifft ein böses Erwachen. Ein „Tank Tipp“, der in den sozialen Medien aktuell viral geht, sollte jedoch unterlassen werden. Dort wird die Strafe für Tanken, ohne zu bezahlen, mit 135 Euro angegeben. Laut Urheber wäre dies günstiger als 70 Liter a 2,35 Euro. Zu schön, um wahr zu sein? Auf jeden Fall!
Tankbetrug = Tankrechnung + Strafe + Gerichtskosten
Unter Umständen kann noch ein Eintrag ins Führungszeugnis erfolgen. In massiven Fällen kann sogar eine Freiheitsstrafe ausgesprochen werden.
Tankbetrug wird oft auch als Schwarztanken, Benzindiebstahl oder Tankdiebstahl bezeichnet. Rechtlich ist der Begriff Diebstahl allerdings in den meisten Fällen nicht richtig. In unserem Artikel erläutern wir die nicht ganz einfache Rechtslage bei Tankbetrug und was Sie tun sollten, wenn Sie eine Anzeige erhalten haben.
Hier finden Sie Antworten auf folgende Fragen:
- Was ist Tankbetrug?
- Bezahlen an der Tankstelle vergessen: Droht eine Anzeige?
- Welche Strafe droht bei Tankbetrug?
- Was ist Benzindiebstahl?
- Hilfe durch Anwalt nach Tankbetrug
Ihnen wird Tankbetrug oder Benzinbetrug vorgeworfen?
Wir helfen bundesweit schnell & unkompliziert
Jetzt Kontakt aufnehmen!
- Engagierte Anwälte für Strafrecht
- Deutschlandweite Strafverteidigung
- Erfahren und kompetent
Unsere Anwälte sind für Sie auch über WhatsApp erreichbar:
Hier finden Sie unser Kontaktformular
Was ist Tankbetrug?
Unter Tankbetrug versteht man das Nichtbezahlen der Rechnung nach dem Befüllen eines Tanks. Auch wenn aus der Sicht des juristischen Laien oft als Tatbestand Diebstahl angenommen wird, liegt rechtlich gesehen meistens ein Betrug (§ 263 StGB) oder eine Unterschlagung (§ 246 StGB) vor. Das ist abhängig vom konkreten Fall.
Die Rechtslage beim Schwarztanken ist ein beliebtes Thema bei der Juristenausbildung. Wir wollen Sie hier aber nicht mit strafrechtlichen Details langweilen, sondern konzentrieren uns auf die wesentlichen Punkte in der Praxis. Dazu gehört eine maßgebliche Entscheidung des BGH aus dem Jahr 2012 zur Abgrenzung der Delikte.
Für die Ermittlungsbehörden ist das äußere Erscheinungsbild von Bedeutung. Es spielt eine Rolle, ob der Tankstellenmitarbeiter das Befüllen des Tanks mitbekommen hat oder nicht. Außerdem wird man untersuchen, ob ein Vorsatz bereits vor dem Betanken vorlag oder erst danach.
Diese Überlegungen sind wichtig, weil sie nach der Entscheidung des BGH über die Einstufung als (versuchten) Betrug oder als Unterschlagung entscheiden. Für beide Delikte ist Vorsatz erforderlich. Es reicht es aber schon aus, wenn der Fahrer nach dem Verlassen der Tankstelle einfach nicht sicher ist, ob er das getankte Benzin bezahlt hat und sich nicht umgehend um eine Aufklärung bemüht. Wer also seinen Irrtum bemerkt, sollte sich sofort mit der Tankstelle in Verbindung setzen und seine Zahlungsbereitschaft signalisieren.
Einstufung als Betrug
Bekommt der Tankstellenmitarbeiter den Tankvorgang mit, geht er davon aus, dass die Rechnung dafür bezahlt wird. Passiert das nicht, erleidet der Tankstelleninhaber einen Vermögensschaden. Er wurde um den entsprechenden Geldbetrag betrogen.
Nimmt der Tankstellenmitarbeiter das Einfüllen des Treibstoffs in den Tank des Fahrzeugs nicht wahr und der Fahrer fährt ohne zu bezahlen davon, dann liegt nur ein versuchter Betrug vor. Das kann sich auf das Strafmaß positiv auswirken.
Einstufung als Unterschlagung
Wenn der Vorsatz zum Nichtbezahlen erst nach dem Tanken entstand, dann wird von einer Unterschlagung gemäß § 246 StGB ausgegangen.
In der Praxis werden zur Einschätzung der konkreten Situation die Aufnahmen der Überwachungskameras der Tankstelle herangezogen.
Bezahlen an der Tankstelle vergessen: Droht eine Anzeige?
Wer versehentlich die Tankrechnung nicht bezahlt hat, muss trotzdem mit einer Anzeige wegen Betruges rechnen. Tankstellenbetreiber und Polizei können nicht wissen, warum die Tankfüllung nicht bezahlt wurde. Sie werden deshalb im Regelfall von einer Straftat ausgehen.
In der Praxis kommt es leider öfter vor, dass ein Tankstellenkunde neben dem Kraftstoff noch andere Dinge kauft und dann an der Kasse vergessen wird, beides zu kassieren. Hier hat der Kunde aber die Pflicht, die vollständige Bezahlung zu kontrollieren.
Sofern der nicht bezahlte Rechnungsbetrag unter 50 Euro lag, muss der Geschädigte neben der Strafanzeige auch einen Strafantrag stellen. Der Grund dafür ist, dass im Fall der Einstufung als Unterschlagung die Tat gemäß § 248a StGB nur auf Antrag verfolgt wird. Unterschlagung und Diebstahl geringwertiger Sachen sind sogenannte Antragsdelikte.
Welche Strafe droht bei Tankbetrug?
Für Betrug sieht § 263 StGB bis zu fünf Jahre Freiheitsstrafe oder Geldstrafe vor. Sofern ein versuchter Betrug vorliegt, kann der Richter die Strafe für die Tat gemäß § 23 Absatz 2 StGB mildern.
Falls es sich um eine Unterschlagung handelt, drohen bis zu drei Jahre Freiheitsstrafe oder Geldstrafe.
Das konkrete Strafmaß ist von den Umständen des Einzelfalls abhängig. Neben der Entscheidung, ob § 263 oder § 242 vorliegt, hat auch der persönliche Hintergrund des Beschuldigten eine Bedeutung. So ist bei Vorstrafen wegen des gleichen oder anderer Delikte mit einer höheren Strafe zu rechnen als bei Ersttätern. Sofern das Verfahren nicht eingestellt wird, muss man mit einer Geldstrafe für die Tat entsprechend den jeweiligen Vermögensverhältnissen rechnen.
Wer hingegen mit einem gefälschten Kennzeichen an die Zapfsäule fährt und tankt, muss mit einer höheren Strafe rechnen. Der Vorsatz ist dann zweifellos gegeben.
Was ist Benzindiebstahl?
Abzugrenzen vom Nichtbezahlen an der Tankstelle ist der Benzindiebstahl im eigentlichen Sinne. Eine typische Begehungsweise ist hier das heimliche Abzapfen des Kraftstoffs aus dem Tank eines Fahrzeugs mittels Schlauch. In diesem Fall liegt tatsächlich ein Diebstahl im rechtlichen Sinne gemäß § 242 StGB vor.
Soll ich nach einer Anzeige wegen Tankbetrug einen Anwalt einschalten?
Wie wir oben erläutert haben, gibt es beim Tankbetrug eine ganze Reihe von Dingen im konkreten Fall zu beachten, die von großer Bedeutung für die strafrechtliche Einordnung sind.
Sobald Sie eine Anzeige oder Vorladung erhalten haben:
- Machen Sie als Beschuldigter keine Angaben zur Sache! Weisen Sie nahe Angehörige, die vielleicht beim Tanken mit dabei waren, auf ihr Aussageverweigerungsrecht hin.
- Nehmen Sie Kontakt zu einem Rechtsanwalt auf. Er wird Akteneinsicht beantragen und auf dieser Grundlage zusammen mit Ihnen entscheiden, wie die beste Verteidigung in Ihrem Fall aussieht.
Ein Rechtsanwalt kann aufgrund seiner Erfahrung diejenigen Fakten herausarbeiten, die seinen Mandanten entlasten. Im optimalen Fall wird er eine Einstellung des Strafverfahrens bewirken. Auch wenn die Strafen für Ersttäter bei Tankbetrug in der Regel nicht sehr hoch ausfallen, sollte man immer die Nebenfolgen einer Verurteilung bedenken.
Im Fall von Tankbetrug muss man auch an die zivilrechtlichen Ansprüche des betrogenen Tankstellenbetreibers denken. Dieser wird nicht nur seinen Vermögensschaden ersetzt haben, sondern auch seine Kosten für seinen eigenen Anwalt oder einen möglicherweise eingeschalteten Detektiv.
Ihnen wird Tankbetrug vorgeworfen? Dann wenden Sie sich gern an Dr. Brauer Rechtsanwälte. Wir haben Kanzleistandorte in Bonn, Hamburg, Berlin, Dresden, Frankfurt, Stuttgart, Nürnberg und München und sind bundesweit als Strafverteidiger tätig. Melden Sie sich einfach per Telefon, WhatsApp, E-Mail oder unser Kontaktformular.
Hier finden Sie unser Kontaktformular
Über den Autor
Dr. Matthias Brauer LL.M.
Rechtsanwalt und Fachanwalt Dr. Matthias Brauer ist Kanzleiinhaber und verfügt vor allem im Strafrecht und Verkehrsrecht über eine große Praxiserfahrung.
Standorte der Kanzlei Dr. Brauer Rechtsanwälte sind in Bonn, Frankfurt am Main, Dresden, Hamburg, Stuttgart, Nürnberg, München und Berlin. Von dort aus vertreten die Anwälte und Strafverteidiger Mandanten aus und in ganz Deutschland.
Sie haben konkrete Fragen oder benötigen einen starken Rechtsbeistand: Dann sprechen Sie mit einem unserer Experten.
Wichtiger Hinweis: Sämtliche Informationen auf unserer Website und in unserem Rechtsblog dienen ausschließlich allgemeinen Informationszwecken. Sie stellen keine Rechtsberatung dar und können eine individuelle Beratung durch einen Anwalt nicht ersetzen. Bei jeglichen rechtlichen Angelegenheiten müssen immer die Besonderheiten des Einzelfalls berücksichtigt werden. Auch wenn wir unsere Inhalte stets aktualisieren, kann sich die Rechtslage durch neue Urteile oder Gesetze zwischenzeitlich geändert haben. Wenn Sie eine rechtssichere Auskunft zu Ihrem speziellen Problem benötigen, kontaktieren Sie uns für eine persönliche Beratung.
1 Kommentar
RA Gunnar Mittag
3. September 2023 - 16:20Sehr geehrter Herr Kollege Dr. Brauer,
Sie schreiben:
In der Praxis kommt es leider öfter vor, dass ein Tankstellenkunde neben dem Kraftstoff noch andere Dinge kauft und dann an der Kasse vergessen wird, beides zu kassieren. Hier hat der Kunde aber die Pflicht, die vollständige Bezahlung zu kontrollieren.
Frage: woraus soll sich bitte die Pflicht zur Kontrolle der Rechnung ergeben? Die Mineralölunternehmen organisieren ein Verfahren, das Ihnen Kosten spart. Dann müssen die sich aus meiner Sicht auch kümmern, dass der Kunde zahlt. Im Ausland z.B. Griechenland kann das oft nicht passieren, da der Tankwart/in den Treibstoff einfüllt und einen erst entlässt, wenn man gezahlt hat.
Beste kollegiale Grüße Gunnar Mittag