In Deutschland gibt es das sogenannte Inzestverbot. Dieses ist in § 173 StGB geregelt und verbietet sexuelle Beziehungen im engsten Familienkreis. Es wird zwar immer wieder öffentlich debattiert, dass der sexuelle Kontakt zu Verwandten aufgrund der sexuellen Selbstbestimmung entkriminalisiert werden solle, der Straftatbestand besteht jedoch nach wie vor.
Auch das Bundesverfassungsgericht sowie der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte legten in Urteilen fest, dass das Inzestverbot nicht zu beanstanden sei.
Hier erfahren Sie, welcher Verwandtschaftsgrad darunter fällt, welche Handlungen strafbar sind und welche Strafen dabei drohen.
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Was ist Inzest im rechtlichen Sinne?
Als Inzest bezeichnet man die sexuelle Beziehung zwischen engsten Blutsverwandten. Viele bezeichnen es auch als die "verbotene Liebe". Entscheidend ist dabei die tatsächliche biologische, also leibliche Verwandtschaft. Es macht also keinen Unterschied, ob sich das Verwandtschaftsverhältnis beispielsweise durch eine Adoption verändert hat.
Der Gesetzgeber will mit § 173 StGB zum einen die familiäre Ordnung schützen und zum anderen die Gefahr von Schäden bei einem möglicherweise gezeugten Kind (Inzucht) vermeiden.
Die Straftat sieht auf eine lange Tradition zurück. Dabei reichen die Wurzeln zurück bis ins Altertum ("Kodex des Hammurabi" 18. Jh. vor Christus). Auch das erste allgemeine Strafgesetzbuch in Deutschland ("Peinliche Gerichtsordnung" von Kaiser Karl V., 1532) stellte die "Unkeuschheit" unter "nahende gesipten freunden" unter Strafe. Im Reichsstrafgesetzbuch von 1871 wurde die sogenannte "Blutschande" mit Zuchthaus bis fünf Jahren bestraft. Damals war auch der Geschlechtsverkehr unter Verschwägerten strafbar. Seit 1976 gilt die heutige Fassung. Mit dieser wollen wir uns jetzt beschäftigen.
Welche Strafe droht bei Inzest?
Beim Strafmaß wird zwischen dem direkten Verwandtschaftsverhältnis unterschieden:
- Beim Beischlaf mit einem Abkömmling (Kind oder Enkel) droht eine Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe.
- Beim Beischlaf in „aufsteigender Linie“ (Eltern oder Großeltern) sowie zwischen leiblichen Geschwistern droht eine Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder Geldstrafe.
Bei welchem Verwandtschaftsgrad ist Inzest strafbar?
Damit man gegen das Inzestverbot verstößt und sich strafbar macht, ist ein Beischlaf zwischen Verwandten gerader Linie Grundvoraussetzung. Die gerade Verwandtschaftslinie betrifft: Großeltern, Eltern, Kinder, Geschwister, Halbgeschwister und Enkel. Folgende Konstellationen sind folglich strafbar:
- Vater mit Tochter,
- Mutter mit Sohn,
- Opa mit Enkelin,
- Oma mit Enkel,
- Bruder mit Schwester oder
- Halbbruder mit Halbschwester.
Wie oben bereits erwähnt, trifft das nur auf biologische Verwandtschaftsgrade zu. Sex zwischen Adoptivgeschwistern oder Geschlechtsverkehr zwischen Stiefeltern und Stiefkindern kann nicht nach § 173 StGB bestraft werden.
Auch die weitläufige Meinung, dass eine sexuelle Beziehung zwischen Cousins und Cousinen unter das Inzestverbot fällt, ist ein weit verbreiteter Irrtum. Überdies ist in Deutschland auch eine Ehe zwischen Cousin und Cousine möglich.
Beischlaf zwischen Verwandten: Welche Handlungen sind strafbar?
Nur der Beischlaf, also der vaginale Geschlechtsverkehr, kann bei Inzest bestraft werden. Andere sexuelle Formen - wie etwa Oralverkehr, Analverkehr oder auch Petting - sind dabei ausgenommen. Somit fallen gleichgeschlechtliche sexuelle Beziehungen innerhalb der Familie nicht unter das Inzestverbot.
Inzest ist auch ohne Inzucht strafbar
Einige sind der Annahme, dass Inzest nur im Zusammenhang mit der sogenannten Inzucht, also einer tatsächlichen Fortpflanzung strafbar ist. Ohne Frage ist, dass durch eine solche Schwangerschaft der Inzest offenkundig werden kann. Dennoch ist auch der Geschlechtsverkehr ohne Zeugung eines Kindes strafbar, ebenso wie der geschützte Beischlaf zwischen Verwandten beispielsweise mit einem Kondom.
Inzest wird nur bei Erwachsenen bestraft
Halten wir fest: Damit der Straftatbestand des „Beischlaf zwischen Verwandten“ erfüllt ist, müssen die Beteiligten ein gerades Verwandtschaftsverhältnis haben und den Beischlaf durch Vaginalverkehr durchgeführt haben.
Zudem muss für die Anwendung des Straftatbestands der Täter volljährig sein. Gemäß Absatz 3 wird nämlich nur bestraft, wer zum Tatzeitpunkt das 18. Lebensjahr bereits erreicht hat. In der Praxis bedeutet dies, dass sich Geschwister unter 18 Jahren nicht nach § 173 StGB strafbar machen können. Auch bei einvernehmlichem vaginalem Geschlechtsverkehr zwischen einer Mutter und ihrem 17-jährigen Sohn macht sich nur die Mutter wegen Beischlaf zwischen Verwandten strafbar.
Dennoch können weitere Straftatbestände erfüllt sein, wie etwa der sexuelle Missbrauch von Schutzbefohlenen oder der sexuelle Missbrauch von Kindern.
Vorsatz muss gegeben sein
Damit Inzest bestraft werden kann, muss der Beischlaf mit dem Verwandten vorsätzlich begangen worden sein. Ein Eventualvorsatz reicht dabei aus, was heißt, dass der Täter den Straftatbestand zumindest für möglich gehalten hat.
Das ist besonders dann interessant, wenn ein oder beide Sexualpartner nichts von der Verwandtschaft wussten. Als Beispiel: Hatten Halbgeschwister Sex und wussten aufgrund von familiären Umständen nicht, dass sie blutsverwandt sind, können sie dafür auch nicht belangt werden.
Der Versuch von Inzest ist nicht strafbar
Mangels gesetzlicher Verankerung ist der Versuch von Inzest nicht strafbar. Doch Vorsicht, hier können andere Straftaten, wie etwa die sexuelle Belästigung greifen.
Auch ohne Strafantrag wird Inzest verfolgt
Beim Beischlaf zwischen Verwandten handelt es sich um ein sogenanntes Offizialdelikt. Sobald eine Strafverfolgungsbehörde von einer sexuellen Beziehung zwischen engen Verwandten erfährt, wird diese von Amts wegen verfolgt. Ein Strafantrag ist dafür nicht erforderlich.
Anzeige wegen Inzest erhalten: Das sollten Sie jetzt beachten!
Fälle von Inzest sind in Deutschland eher die Ausnahme. Unter anderem aus diesem Grund werden Hauptverhandlungen oftmals mit großem öffentlichen Interesse verfolgt. Eine solche medienwirksame Aufbereitung ist für alle Beteiligten aufreibend. Deshalb sollten Sie bei Bekanntwerden eines Ermittlungsverfahrens gegen Sie folgende Punkte beachten:
- Machen Sie keine Aussage zu den Tatvorwürfen und nutzen Sie Ihr Aussageverweigerungsrecht. Das Schweigen darf Ihnen zu keiner Zeit negativ ausgelegt werden, wohingegen die Erfahrung zeigt, dass sich Beschuldigte häufig mit einer Aussage nur tiefer ins Elend reden.
- Kontaktieren Sie sofort einen Strafverteidiger, der Erfahrung bei Sexualdelikten vorweisen kann und Sie bereits im Ermittlungsverfahren vertritt.
Die oben genannten Voraussetzungen der Strafbarkeit müssen erfüllt sein. Es muss Ihnen unter anderem der vaginale Geschlechtsverkehr nachgewiesen werden. Eine starke Strafverteidigung prüft, ob alle Voraussetzungen bewiesen werden können. Unter Umständen kann durch eine frühe Verteidigung eine öffentliche Hauptverhandlung umgangen und die Einstellung des Verfahrens erreicht werden.
Gerne helfen wir Ihnen in dieser Lage. Nutzen Sie unsere kostenlose Ersteinschätzung für Ihren konkreten Fall. Im Sexualstrafrecht vertreten wir bundesweit Mandanten von unseren Standorten in Bonn, Hamburg, Berlin, Dresden, Frankfurt, Stuttgart, Nürnberg und München aus. Nehmen Sie am besten sofort Kontakt zu uns auf.
Über den Autor
Dr. Matthias Brauer LL.M.
Dr. Matthias Brauer ist Rechtsanwalt und ein erfahrener Fachanwalt für Strafrecht. Seit Jahren vertritt er mit seiner Kanzlei "Dr. Brauer Rechtsanwälte" bundesweit Mandanten bei strafrechtlichen Anschuldigungen.
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