Der 7. Juni 2021 wird mit Sicherheit in die internationale Kriminalgeschichte eingehen – als jener Tag, an dem weltweit der wohl bis dahin schwerste Schlag der Ermittlungsbehörden gegen die Organisierte Kriminalität stattfand.
Im Rahmen der Operation „Trojan Shield“ (je nach Land auch „Ironside“ oder „Greenlight“ genannt) wurden laut einer Pressemitteilung von Europol 700 Objekte in 16 Ländern durchsucht und über 800 Personen festgenommen, davon 70 in Deutschland, vor allem in Hessen. Der Schwerpunkt der Straftaten im Zusammenhang mit dem Krypto-Messenger ANoM lag dabei auf Drogenschmuggel, Geldwäsche und illegalem Waffenhandel.
Es ist kaum zu glauben, aber durch die gemeinsame Arbeit der Strafverfolger vieler Länder war es gelungen, über 12.000 Nutzern aus über 300 kriminellen Organisationen in über 100 Ländern den Krypto-Messenger ANoM aufzuschwatzen, der von an Anbeginn ein Projekt des FBI und anderer Polizeibehörden war. Man kann sich nur wundern, wie leichtgläubig offenbar den Angaben der eigens in Panama gegründeten Firma vertraut wurde, bei dem Produkt handle es sich um einen sehr sicheren Nachfolger für zuvor schon von den Behörden gehackte Krypto-Kommunikationskanäle wie EncroChat, Phantom Secure oder Sky EEC Global.
Gegen Sie läuft ein Strafverfahren wegen Verstoß gegen das BtMG?
Keine Zeit verlieren
Jetzt Kontakt aufnehmen!
Erfahrene Anwälte für BtM - Drogenstrafrecht
Schnelle Hilfe - deutschlandweit
Kostenlose Ersteinschätzung
Was war ANoM?
ANoM war ein Krypto-Messenger, der auf Smartphones installiert wurde, von denen man nur noch mit anderen ANoM-Nutzern kommunizieren konnte. Normales Telefonieren oder Surfen im Internet war nach der Installation nicht möglich. Äußerlich sah die Software aus wie eine gewöhnliche Taschenrechner-App. Über die Eingabe einer bestimmten Zahlenkombination wurde dann der Messenger aktiviert.
Die Ermittlungsbehörden konnten über einen Zeitraum von anderthalb Jahren hinweg die Kommunikation der ANoM-Nutzer mitlesen. Diese sollen sehr offen über ihre illegalen Geschäfte gesprochen haben, also ohne die sonst übliche Verklausulierung. Insgesamt seien 27 Millionen Nachrichten bei der Polizei gelandet, die zum Teil erst noch ausgewertet werden müssen.
Wie sind die Behörden bei der Verbreitung des Messengers vorgegangen?
Der Messenger soll ursprünglich von einem kriminellen IT-Fachmann entwickelt worden sein, der eine neue Generation von Krypto-Handys auf den Markt bringen wollte. FBI-Agenten sollen dann im zeitlichen Zusammenhang mit dem Niedergang von Phantom Secure den Experten als V-Mann angeworben haben. Mit ihm als Ausgangspunkt gelang es dann ab 2019, das neue Krypto-Handy ANoM in OK-Kreisen immer weiter zu verbreiten.
Es erwies sich dabei als sehr clever, den Messenger nicht einfach auf dem freien Markt anzubieten, sondern den Zugang von einer Empfehlung durch andere Personen aus dem Bereich der OK abhängig zu machen. Das dürfte die Glaubwürdigkeit von ANoM enorm gesteigert haben. Zudem bemühte man sich erfolgreich um eine komfortable Gestaltung der App, was ihre Beliebtheit noch weiter steigerte. Zu einem weiteren Anstieg der Nutzerzahlen kam es, als im März 2021 der Krypto-Dienst Sky EEC dichtgemacht wurde.
Die Federführung der Operation hatte die US-amerikanische Bundespolizei FBI, maßgeblich beteiligt waren die Polizeibehörden von Australien, Neuseeland, Schweden und die Niederlande. Die europäische Polizeiorganisation Europol übernahm dann die Koordinierung der Einsätze in den einzelnen Ländern.
Gegen wen wird im Zusammenhang mit ANoM ermittelt?
DDie Medien berichten übereinstimmend, dass sich die Verfahren ausschließlich gegen Beschuldigte aus der Organisierten Kriminalität richten, denen vor allem Drogendelikte, aber auch die Vorbereitung von Auftragsmorden zur Last gelegt werden. Erfahrungsgemäß spielt in solchen Großverfahren die ganze Bandbreite der schweren Kriminalität eine Rolle.
Bei den weltweiten Durchsuchungen wurden allein zwei Tonnen synthetische Drogen (Amphetamin und Methamphetamin), acht Tonnen Kokain, 22 Tonnen Cannabis, ca. 250 Schusswaffen, dutzende Luxusautos und Bargeld im Wert von rund 50 Millionen Dollar beschlagnahmt.
Mit welchen weiteren Verfahren ist zu rechnen?
Erfahrungsgemäß arbeiten sich die Ermittlungsbehörden in solchen Großverfahren von oben nach unten vor. Sie werden sich jedenfalls nicht nur auf jene Personen beschränken, die bei der weltweiten Operation am 7. Juni 2021 festgenommen wurden. Vielmehr kann man davon ausgehen, dass sich aus diesen Verfahren weitere entwickeln werden. Es können am Ende also durchaus auch die sogenannten „kleinen Fische“ ins Visier geraten. In welchem Umfang das erfolgt, lässt sich jetzt noch nicht sagen.
Dabei muss man auch bedenken, dass den Polizeibehörden tiefe Einblicke in kriminelle Netzwerke gelungen sein dürften, die einen Ansatzpunkt für viele weitere Ermittlungen bilden, darunter auch in Deutschland. Hinzu kommt noch ein weiterer Aspekt: Die deutschen Behörden wurden erst im Mai von den Amerikanern über die Ermittlungen unterrichtet, demzufolge können bei weitem noch nicht alle sich aus den ANoM-Daten ergebenden Strafverfahren auch nur eröffnet worden sein. ANoM wird die deutsche Justiz mit Sicherheit noch über Jahre hinweg beschäftigen.
Wie ist das Vorgehen der Ermittler rechtlich zu bewerten?
Einen Ansatz für die Strafverteidigung werden ähnlich wie bei den EncroChat-Verfahren mögliche Beweisverwertungsverbote spielen, denn es ist unklar, ob die Telekommunikationsüberwachung im Rahmen der Operation „Trojan Shield“ dem deutschen Strafprozessrecht entsprach. Allerdings ist dieser Einwand angesichts der bisherigen Rechtsprechung nur bedingt erfolgversprechend. Für eine seriöse Einschätzung ist es wegen der noch nicht vorliegenden Ermittlungsakten derzeit noch zu früh.
Außerdem ist es rechtspolitisch sicher auch problematisch, dass Polizeibehörden über einen längeren Zeitraum hinweg Straftaten beobachtet, aber nicht sofort verhindert haben. Dazu ist eine Diskussion zu erwarten, wobei allerdings davon auszugehen ist, dass in den Augen der Mehrheit angesichts der Schwere der im Raum stehenden Straftaten hier wieder einmal „der Zweck die Mittel heiligt“.
Wird gegen Sie wegen eines BtMG-Verstoßes ermittelt?
Unabhängig von den ANoM-Verfahren: Falls gegen Sie im Zusammenhang mit BtM-Delikten ermittelt wird und Sie anwaltliche Unterstützung benötigen: Dr. Brauer Rechtsanwälte sind auf solche Verfahren spezialisiert. Dr. Matthias Brauer ist Fachanwalt für Strafrecht und hat schon zahlreiche Mandanten im Zusammenhang mit Drogendelikten erfolgreich vertreten.
Nehmen Sie einfach über das Kontaktformular, per Telefon, E-Mail oder über WhatsApp Kontakt mit uns auf!
Über den Autor
Dr. Matthias Brauer LL.M.
Dr. Matthias Brauer ist Rechtsanwalt und ein erfahrener Fachanwalt für Strafrecht. Seit Jahren vertritt er mit seiner Kanzlei "Dr. Brauer Rechtsanwälte" bundesweit Mandanten bei strafrechtlichen Anschuldigungen.
Sie benötigen Hilfe von einem Anwalt für Strafrecht? Nutzen Sie unsere kostenlose Ersteinschätzung und nehmen Sie Kontakt zu uns auf!
Wichtiger Hinweis: Sämtliche Informationen auf unserer Website und in unserem Rechtsblog dienen ausschließlich allgemeinen Informationszwecken. Sie stellen keine Rechtsberatung dar und können eine individuelle Beratung durch einen Anwalt nicht ersetzen. Bei jeglichen rechtlichen Angelegenheiten müssen immer die Besonderheiten des Einzelfalls berücksichtigt werden. Auch wenn wir unsere Inhalte stets aktualisieren, kann sich die Rechtslage durch neue Urteile oder Gesetze zwischenzeitlich geändert haben. Wenn Sie eine rechtssichere Auskunft zu Ihrem speziellen Problem benötigen, kontaktieren Sie uns für eine persönliche Beratung. Unsere Ersteinschätzung ist für Sie kostenlos.